Die Maissorte Enogen des Konzerns Syngenta - für die Ethanol-Herstellung gentechnisch optimiert - wurde jetzt erstmals auch in Speisemais nachgewiesen. Das berichtete der Organic & Non-GMO-Report. Gentechnik-Kritiker befürchten, dass damit der nächste große Verunreinigungsfall begonnen hat, dessen Aufarbeitung Milliarden Dollar kosten könnte.
Bereits 2011 hatte das US-Landwirtschaftsministerium die gentechnisch veränderte Maissorte Enogen für den Anbau zugelassen. Das Erbgut eines Bakteriums sorgt dafür, dass die Maiskörner Alpha-Amylase herstellen, ein hitzestabiles und Stärke abbauendes Enzym. Gedacht ist der enzymhaltige Mais als Rohstoff für Anlagen, die die Maisstärke in Ethanol für Treibstoff umwandeln. So sparen die Anlagenbetreiber den Zusatz eigens hergestellter flüssiger Enzyme. Einen Teil des eingesparten Geldes bekommen die Bauern als Aufschlag und Syngenta kassiert Lizenzgebühren.
Nach diesem Geschäftsmodell arbeitet Syngenta inzwischen mit zahlreichen Ethanol-Herstellern und deren Maislieferanten zusammen. Nach Angaben des "Ethanol Producer Magazine" werden inzwischen zwei Milliarden Gallonen, das sind 7,6 Milliarden Liter Ethanol, aus Enogen-Körnern hergestellt. Das entspricht 15 Prozent der US-Produktion.
Doch jetzt ist das Geschäftsmodell in Gefahr: Im Non-GMO-Report berichten drei Getreide- und Saatguthändler, dass bei einigen ihrer Kunden Enogen im Speisemais gefunden wurde. Sie konnten das hochwertige Getreide nur noch unter Verlust an Ethanolhersteller oder als Futtergetreide verkaufen. Bereits eine Enogen-Kontamination von 0,01 Prozent reicht aus, um mit ihren Enzymen die Backfähigkeit einer ganzen Ladung Speisemais zu ruinieren. Aus diesem Grund hatte der Verband der nordamerikanischen Müller bereits 2011 massiv gegen die Zulassung von Enogen protestiert – ohne Erfolg. Nun ist es in Nebraska anscheinend erstmals zu den befürchteten Kontaminationen gekommen. Und der Non-GMO-Report erwartet, dass sich die Probleme noch ausweiten werden.
Syngenta habe auf Nachfrage abgewiegelt: Man habe noch nie von einem bestätigten Fall von Verunreinigung gehört, zitiert das Magazin den Enogen-Hersteller. Die Autoren stellen jedoch die Verbindung zu einem Vorfall in Kalifornien her. Dort protestierten zahlreiche Latinos gegen eine Supermarkt-Kette, weil sie deren Maismehl dafür verantwortlich machten, dass die für das Weihnachtsessen typischen gefüllten Maistaschen (Tamales) missglückten.
Enogen ist als Ethanol-Mais nicht für Lebensmittel zugelassen. Das erinnert an einen anderen Verunreinigungsskandal Anfang dieses Jahrtausends. Der StarLink-Mais der Firma Aventis (heute Bayer) war in den USA nur als Futtermittel zugelassen, da bei Menschen die Gefahr allergischer Reaktionen befürchtet wurde. Durch Vermischungen des Ernteguts und Kreuzbestäubungen mit anderen Maissorten wurden jedoch seit 1999 immer wieder Lebensmittel kontaminiert; zweitweise war jede zehnte Probe verunreinigt. Aventis zog StarLink zurück. Doch noch Jahre später fanden sich Spuren davon, zuletzt 2013 in Saudi-Arabien, wie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) in seinem Gentechnik-Schadensbericht 2015 feststellte. Die Kosten des Schadensfalles gibt der BÖLW dort mit zwei bis 2,7 Milliarden US-Dollar an. [LF]The Organic & Non-GMO Report: GMO-ethanol corn contamination raises concerns about another “StarLink” disaster (22.2.2017)Syngentas Werbung für Enogen: Ethanol Production - Enogen CornLA Times - Christmas tamale drama: When the masa went bad, families had to improvise (26.12.2016)BÖLW: Schadensbericht Gentechnik: 5,4 Milliarden Dollar (Januar 2015)Dossier: Kosten der Gentechnik - Verunreinigungen, Forschungsmittel, Arbeitsplätze