Vor drei Jahren erlaubte die philippinische Regierung, gentechnisch veränderten (gv) „goldenen“ Reis kommerziell anzubauen. Das dortige Appellationsgericht hat diese Zulassung kürzlich wieder aufgehoben und damit die vorläufige Entscheidung eines Eilverfahrens aus dem vergangenen Jahr bestätigt. Philippinische Bauern begrüßten das Urteil. Noch ist es jedoch nicht rechtskräftig; die unterlegene Regierung kann das oberste Gericht anrufen.

 

Auch eine gv-Aubergine, die das Insektengift Bacillus thuringiensis (Bt) produziert, darf nach dem Urteil künftig nicht mehr kommerziell angebaut werden. Außerdem verpflichteten die drei Richter:innen die Regierung dazu, Feldversuche und Importe anderer gentechnisch veränderter Pflanzen erst wieder zu genehmigen, wenn sie die Vorgaben für Risikobewertung und Überwachung verschärft hat. Nach Ansicht des Gerichts zeigten die Stellungnahmen der Sachverständigen aller Parteien und die zahlreichen vorgelegten Studien, dass es keinen Konsens über die Sicherheit oder die schädlichen Auswirkungen von „goldenem“ Reis und Bt-Auberginen auf Mensch und Umwelt gebe. Deshalb greife das Vorsorgeprinzip und der kommerzielle Anbau der beiden Pflanzen werde untersagt, bis die beklagten Regierungsbehörden nachweisen, dass sie sicher sind und alle rechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Zusätzlich verbot das Gericht der Universität der Philippinen-Los Baños und dem Philippinischen Reisforschungsinstitut, Bt-Auberginen und „goldenen“ Reis weiter kommerziell zu vermehren. Der gentechnisch veränderte Reis enthält mehr Beta-Carotin und hat dadurch gelbe Körner.

 

Das Appellationsgericht stellte der Gentechnikgesetzgebung der Regierung auch grundsätzlich schlechte Noten aus. Die beklagten Regierungsbehörden hätten es „rechtswidrig versäumt, ihrer Pflicht zur Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nachzukommen, die für die Risikobewertung unerlässlich sind“. Der Ansatz der Regierung bestehe darin abzuwarten, oder Informationen von den Befürwortern oder der Öffentlichkeit zu erhalten und darauf zu reagieren, statt effektiv Überwachungsaktivitäten zu initiieren oder proaktiv zu sein, heißt es im Urteil. Als Konsequenz daraus forderte das Gericht die Behörden auf, Risikobewertung und Monitoring zu verschärfen und ihm die entsprechenden Maßnahmen zur Bewertung vorzulegen. Bis dahin dürften Anträge auf Zulassung gentechnisch veränderter Organismen zur Anwendung in geschlossenen Systemen, in Feldversuchen, als Lebens- oder Futtermittel, für die kommerzielle Vermehrung sowie deren Import nicht genehmigt werden. „In Anbetracht der unmissverständlichen Bedeutung des verfassungsmäßigen Rechts auf eine gesunde Umwelt, erinnern wir die Regierung an ihre bedeutende Pflicht, dieses Recht gewissenhaft zu schützen“, schrieben die Richter:innen.

 

Eingereicht hatten die Klage mehrere philippinische Organisationen und Einzelpersonen, angeführt von der Bauernvereinigung Masipag und Greenpeace Südostasien. Sie nutzten dafür ein in der philippinischen Verfassung verankertes Recht, das auf Englisch als „Writ of Kalikasan“ bezeichnet wird. Kalikasan ist das philippinische Wort für Natur. Dieses Recht erlaubt Einzelpersonen und Organisationen, sich an das oberste Gericht zu wenden, wenn sie durch die Entscheidung einer Behörde oder einer Privatperson das in der Verfassung verankerte Recht auf eine ausgewogene und gesunde Umwelt verletzt oder bedroht sehen. Bereits vor einem Jahr hatte das höchste Gericht, der Supreme Court, diesen „Writ of Kalikasan“ zugelassen und den Anbau von gv-Reis und gv-Aubergine im Eilverfahren per einstweiliger Verfügung vorläufig ausgesetzt. Die Entscheidung in der Hauptsache übergab der Supreme Court dann im Sommer 2023 an das Appellationsgericht.

 

Masipag sprach von einem historischen Sieg. Das Urteil sei „ein deutliches Signal an Unternehmen und politische Entscheidungsträger, dass die Zukunft der Landwirtschaft in der Stärkung der Landwirte und der Anwendung agrarökologischer Prinzipien liege, die ökologische Nachhaltigkeit, biologische Vielfalt und das Wohlergehen der bäuerlichen Gemeinschaften in den Vordergrund stellen“. Greenpeace Südostasien kommentierte: „Die Entscheidung bestätigt das Vorsorgeprinzip und legt die Beweislast für die Sicherheit den Beklagten auf.“

 

Urteilsschelte gab es von den Interessenverbänden von Industrie und Wissenschaft. Die Nationale Akademie der Wissenschaften bezeichnete die beiden gv-Pflanzen als sicher und betonte ihre Vorteile. Wirtschaftsvertreter sahen die Ernährungssicherheit gefährdet und griffen das Vorsorgeprinzip an. Ein Staatssekretär des Landwirtschaftsministeriums stellte gegenüber dem Portal PhilStar klar, dass der Import von bereits als Viehfutter zugelassener gv-Soja und gv-Mais durch das Urteil nicht betroffen sei. Gleichzeitig machte er deutlich, dass gegen diese Gerichtsentscheidung noch eine Berufung möglich, sie also noch nicht endgültig sei. Masipag rechnet damit, dass die Regierung diesen Schritt gehen wird. „Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen und uns auf eine mögliche Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof der Philippinen vorbereiten“, schrieb die Organisation. [lf]