UPDATE +++ Bier zu brauen hat seit Jahrhunderten Tradition. Und die meiste Zeit war es selbstverständlich, dass jede Brauerei mit Gerste und Hopfen frei experimentieren konnte. In diesem Jahr hat nun das Europäische Patentamt (EPA) der dänischen Brauerei Carlsberg drei Patente auf bestimmte Gerstesorten und das daraus gebraute Bier erteilt. Eine Gruppe von 25 Nichtregierungsorganisationen (NGO) kritisierte das als rechtswidrig und forderte Carlsberg in einem offenen Brief auf, die Patente zurückzugeben. Carlsberg erwiderte, man sichere sich lediglich die rechtlichen Möglichkeiten, um die Investitionen in die Entwicklung wieder reinzubekommen.
Die drei Gerstensorten sollen sich nach Angaben der NGOs aufgrund von Mutationen im Erbgut besonders gut für das Bierbrauen eignen. Bei zweien entstanden die Mutationen zufällig (EP 2384110 und EP 2373514), bei der dritten Sorte (Patent EP 2575433) wurden diese Mutationen durch weitere Züchtung kombiniert. Jedes der Patente umfasst die Pflanzen, deren Ernte, den Prozess des Bierbrauens, Produkte wie Malz und Würze sowie jegliche auf diese Weise produzierte Getränke.
Die NGOs argumentieren, dass konventionelle Züchtungen wie diese Gerstensorten nach europäischem Recht nicht patentierbar seien. Carlsberg argumentiert, das Gerstenrohmaterial sei aufgrund der im Verfahren eingesetzten Techniken patentierbar. Sie erlaubten, Fremdaromen im Bier zu vermeiden und energieeffizienter zu brauen. Im übrigen handele es sich um so kleine Mengen, dass der europäische Gerstenmarkt davon nicht beeinflusst werde.
Nach dem Europäischen Patentübereinkommen können auf Pflanzensorten, die durch „im wesentlichen biologische Verfahren“ gezüchtet wurden, keine Patente erteilt werden. Für Bundesregierung wie Europäische Kommission fällt darunter auch die konventionelle Züchtung. Kommission wie Parlament haben das EPA daher bereits aufgefordert, solche Patente nicht zu erteilen. Nach NGO-Angaben bislang ohne Erfolg. Ende November wollen die europäischen Regierungen im Wettbewerbsrat darüber diskutieren.
„Carlsberg behauptet, dass sie die Gerste dafür einsetzen wollen, beim Bierbrauen Energie zu sparen und so einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten“, sagt Iga Niznik von Arche Noah. „Wenn das wirklich die Absicht von Carlsberg ist, sollte die Firma aber nicht Patent-Monopole auf Lebensmittelpflanzen beanspruchen.“ Und Christoph Then von der Initiative "Keine Patente auf Saatgut" ergänzt: „Carlsberg muss jetzt zeigen, dass sie einfach gutes Bier brauen wollen und nicht gegen die Interessen der Konsumenten handeln.“ [vef]
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