Der US-Konzern Monsanto verletze durch seine Aktivitäten die Rechte der Menschen auf Gesundheit, Nahrung und eine intakte Umwelt. Zu diesem Ergebnis kamen fünf internationale Juristen, die im Rahmen des Monsanto-Tribunals die Rolle des Konzerns völker- und menschenrechtlich beurteilten.
Das Monsanto-Tribunal ist eine symbolische Gerichtsverhandlung, organisiert von einer internationalen Gruppe von Umweltaktivisten. Sie konnten namhafte Juristen wie die ehemalige Generalanwältin des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, die Senegalesin Dior Fall Sow, als Richter gewinnen. Diese hörten Mitte Oktober 2016 insgesamt 30 Zeugen an. Darunter waren Bauern, Imker, Anwälte, Gesundheitsexperten und Wissenschaftler aus Nord- und Südamerika, Europa, Asien und Afrika. Monsanto war ebenfalls eingeladen, hatte eine Teilnahme aber abgelehnt.
Aufgrund der Zeugenaussagen verfassten die Richter ein Rechtsgutachten, in dem sie die Tätigkeiten des Konzerns juristisch analysierten. Darin kamen sie zu dem Schluss, „dass Monsantos Geschäftspraktiken negative Auswirkungen auf das Recht auf eine gesunde Umwelt haben.“ Auch das Recht auf Gesundheit sahen die Richter verletzt. Monsanto habe zahlreiche gefährliche Substanzen produziert und vertrieben, darunter polychlorierte Biphenyle (PCB), die inzwischen wegen ihrer Umwelt- und Gesundheitsgefahren verboten seien. Monsanto habe PCB exklusiv von 1935 bis 1979 vertrieben, „obschon dem Unternehmen die schädlichen Wirkungen auf die Gesundheit bereits bekannt waren“, heißt es in dem Gutachten. Es bezieht auch den Herbizidwirkstoff Glyphosat in sein Urteil mit ein, ebenso die Vermarktung gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO), über deren Unbedenklichkeit kein wissenschaftlicher Konsens bestehe. Der verstärkte Einsatz von GVO und Roundup führt nach Auffassung des Tribunals auch dazu, dass „Monsantos Tätigkeiten das Recht auf Nahrung negativ tangieren.“ Monsantos Geschäftspraktiken reduzierten die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln für Individuen und Gemeinschaften „und verschlechtern ihre Fähigkeit, sich selbst unmittelbar oder ohne gentechnisch verändertes Saatgut zu ernähren.“ Angehört hatten sich die Richter auch Aussagen von Agrarwissenschaftlern und Molekularbiologen, die aufgrund gentechnikkritischer Forschungen zur Zielscheibe gesteuerter Kampagnen wurden. Das Tribunal schloss daraus, „dass Monsantos Tätigkeiten die zu wissenschaftlicher Forschung unerlässliche Freiheit verletzen.“
Keine endgültige Antwort gaben die Richter auf die Frage, ob die Produktion des im Vietnam-Krieg eingesetzten dioxinhaltigen Entlaubungsmittels Agent Orange durch Monsanto als mögliche Beihilfe zu Kriegsverbrechen zu werten sei. In ihrem Bericht diskutieren sie auch, ob eine Verurteilung wegen Ökozids in Frage käme. Dabei definieren sie Ökozid als „schwerwiegende Verletzung oder Zerstörung der Umwelt, die geeignet ist, globale Gemeingüter oder Ökosysteme in schwerwiegender und dauerhaften Weise zu beeinträchtigen.“ Das Tribunal kommt zu dem Schluss, dass die Tätigkeiten Monsantos Verbrechen des Ökozides darstellen könnten, „sollte ein derartiger Tatbestand dereinst im Völkerrecht verankert werden.“ Käme es einmal so weit, müsste sich Monsanto nicht nur einem symbolischen Tribunal stellen, sondern würde vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt. Der hat seinen Sitz im niederländischen Den Haag – dort wo auch das Tribunal tagte.International Monsanto Tribunal - April 2017Monsanto Tribunal: Die deutsche Fassung des RechtsgutachtensMeldung: Auftakt des Monsanto-Tribunals in Den Haag (18.10.2016)Meldung: Monsanto vor Gericht – zumindest moralisch (03.12.2015)