Aktuelle Beiträge des Informationsdienst Gentechnik

Britische Regierung lockert Regeln für neue Gentechnik

Die britische Regierung plant ein Gesetz, das die Zulassung von Produkten beschleunigen soll, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Erleichtert hat sie bereits Feldversuche mit solchen Pflanzen. Damit setzen die Konservativen ihren Plan weiter um, zu einem der führenden Länder für Gentechnik in der Landwirtschaft zu werden – bisher allerdings nur in England.

Angekündigt hat die Regierung ihr neues Gesetzesvorhaben vergangene Woche an prominenter Stelle, in der Queens Speech. In dieser traditionellen Rede – diesmal stellvertretend für die Königin von Prinz Charles gehalten – stellt das Königshaus die Pläne der Regierung für das kommende Jahr vor. Ein „Genetic Technology (Precision Breeding) Bill“ (dt. etwa Gesetz zur gentechnischen Präzisionszüchtung) soll demnach „das Potenzial neuer Technologien freisetzen, um eine nachhaltige und effiziente Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu fördern“, hieß es im Redemanuskript.
In den begleitenden Erläuterungen schrieb die Regierung, sie wolle ein neues, einfacheres Regelwerk schaffen „für präzisionsgezüchtete Pflanzen und Tiere, die genetische Veränderungen aufweisen, die auch durch traditionelle Züchtung oder natürliche Prozesse entstanden sein könnten“. Für diese Pflanzen und Tiere soll ein „neues wissenschaftlich fundiertes Zulassungsverfahren“ eingeführt werden. Züchter und Forscher müssten das Umweltministerium Defra über ihre neuen Organismen informieren, die sie für Forschungs- oder Vermarktungszwecke entwickelt haben. Die gesammelten Informationen sollen in einem amtlichen Register veröffentlicht werden. Die Regierung schränkte ein, dass dieses Gesetz nur für England gelte. Denn die Kompetenzen für die Gentechnik-Gesetzgebung liegen im Vereinigten Königreich weitgehend bei den vier Ländern. Besonders die schottische Regierung gilt als gentechnikkritisch und hält nichts von den Plänen der Johnson-Regierung, das EU-Gentechnikrecht über Bord zu werfen.

Gentechnikforscher und Pflanzenzüchter begrüßten die Ankündigung des neuen Gesetzes. „Das ist eine großartige Nachricht für Pflanzenwissenschaftler und genau das, was wir brauchen, um Pflanzenzüchter zu ermutigen, in Genome Editing zu investieren“, sagte Nigel Halford, der am Rothamsted Research Institute an genomeditiertem Weizen arbeitet. Für Liz O’Neill, Geschäftsführerin der Organisation GM Freeze, gefährden die Pläne die bisherige Transparenz: „Die Menschen wollen wissen, was sie kaufen und essen. Landwirte und Lebensmittelhersteller haben das Recht zu entscheiden, ob sie GVO verwenden oder nicht, und diese Vorschläge werden es ihnen unmöglich machen, dies zu tun“, sagte sie zu den Gesetzesplänen.

GM Freeze und die Schwesteroganisation Beyond GM wiesen auf die Konsultation des britischen Umweltministeriums Defra zu den Deregulierungsplänen im Frühjahr 2021 hin. Damals hatten sich die meisten Teilnehmenden dafür ausgesprochen, die bisherigen, auf dem EU-Gentechnikrecht beruhenden Regelungen beizubehalten. Doch schon im September 2021 legte die Defra einen Lockerungsplan vor, der diesem klaren Konsultationsergebnis widersprach. Sie stützte sich dabei auf die Stellungnahmen von wenigen öffentlichen Einrichtungen und akademischen Institutionen. Seither setzt die Regierung diesen Plan Schritt für Schritt um.
Sie legte Rechtsvorschriften vor, die Feldversuche mit genomeditierten Pflanzen erleichtern. Beide Parlamentskammern stimmten dem zu, so dass die neuen Regeln seit Anfang April 2022 in Kraft sind. Seither müssen Feldversuche mit bestimmten genomeditierten Pflanzen (als QHP, qualifying higher plants, bezeichnet) nur gemeldet aber nicht mehr genehmigt werden. Ein Beratungskommittee der Regierung (Advisory Committee on Releases to the Environment, ACRE) hat in einem Leitfaden dargelegt, für welche gentechnischen Veränderungen diese Erleichterungen gelten. Das Dokument öffne die Tür zu einem Wilden Westen des unregulierten Anbaus gentechnisch veränderter Organismen, kommentierte Claire Robinson von GMWatch. Das amtliche Register listet bereits zwei Freisetzungsversuche für QHPs auf, die nur noch angezeigt wurden. Dabei handelt es sich um Tomaten, die Vitamin D anreichern sollen, sowie um Leindotter, bei dem die Zusammensetzung der Fettsäuren im Öl geändert wurde.[lf]Government of the United Kingdom: Queen’s speech 2022 (10.05.2022)Government of the United Kingdom:Background briefing notes to the Queen’s speech (10.05.2022)Advisory Committee on Releases to the Environment: Technical guidance on using genetic technologies (such as gene-editing) for making ‘qualifying higher plants’ for research trials (11.04.2022)Science Media Center: Expert reaction to Queen’s speech (10.05.2022)GM Freeze: No public support for removal of GM safeguards (10.05.2022)GM Freeze: Safeguards under threat (April 2022)Beyond GM: A ‘Precision Breeding’ Bill to fast-track GMO deregulation in England (10.05.2022)Beyond GM: UK removes ‘barriers’ from GMO field trials (15.03.2022)Infodienst: Großbritannien erleichtert Versuchsanbau von Crispr-Pflanzen (26.01.2022)Infodienst: Die britische Regierung veröffentlicht einen Fahrplan für mehr Gentechnik (30.09.2021)

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Britische Regierung lockert Regeln für neue Gentechnik

Die britische Regierung plant ein Gesetz, das die Zulassung von Produkten beschleunigen soll, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Erleichtert hat sie bereits Feldversuche mit solchen Pflanzen. Damit setzen die Konservativen ihren Plan weiter um, zu einem der führenden Länder für Gentechnik in der Landwirtschaft zu werden – bisher allerdings nur in England.

Angekündigt hat die Regierung ihr neues Gesetzesvorhaben vergangene Woche an prominenter Stelle, in der Queens Speech. In dieser traditionellen Rede – diesmal stellvertretend für die Königin von Prinz Charles gehalten – stellt das Königshaus die Pläne der Regierung für das kommende Jahr vor. Ein „Genetic Technology (Precision Breeding) Bill“ (dt. etwa Gesetz zur gentechnischen Präzisionszüchtung) soll demnach „das Potenzial neuer Technologien freisetzen, um eine nachhaltige und effiziente Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu fördern“, hieß es im Redemanuskript.
In den begleitenden Erläuterungen schrieb die Regierung, sie wolle ein neues, einfacheres Regelwerk schaffen „für präzisionsgezüchtete Pflanzen und Tiere, die genetische Veränderungen aufweisen, die auch durch traditionelle Züchtung oder natürliche Prozesse entstanden sein könnten“. Für diese Pflanzen und Tiere soll ein „neues wissenschaftlich fundiertes Zulassungsverfahren“ eingeführt werden. Züchter und Forscher müssten das Umweltministerium Defra über ihre neuen Organismen informieren, die sie für Forschungs- oder Vermarktungszwecke entwickelt haben. Die gesammelten Informationen sollen in einem amtlichen Register veröffentlicht werden. Die Regierung schränkte ein, dass dieses Gesetz nur für England gelte. Denn die Kompetenzen für die Gentechnik-Gesetzgebung liegen im Vereinigten Königreich weitgehend bei den vier Ländern. Besonders die schottische Regierung gilt als gentechnikkritisch und hält nichts von den Plänen der Johnson-Regierung, das EU-Gentechnikrecht über Bord zu werfen.

Gentechnikforscher und Pflanzenzüchter begrüßten die Ankündigung des neuen Gesetzes. „Das ist eine großartige Nachricht für Pflanzenwissenschaftler und genau das, was wir brauchen, um Pflanzenzüchter zu ermutigen, in Genome Editing zu investieren“, sagte Nigel Halford, der am Rothamsted Research Institute an genomeditiertem Weizen arbeitet. Für Liz O’Neill, Geschäftsführerin der Organisation GM Freeze, gefährden die Pläne die bisherige Transparenz: „Die Menschen wollen wissen, was sie kaufen und essen. Landwirte und Lebensmittelhersteller haben das Recht zu entscheiden, ob sie GVO verwenden oder nicht, und diese Vorschläge werden es ihnen unmöglich machen, dies zu tun“, sagte sie zu den Gesetzesplänen.

GM Freeze und die Schwesteroganisation Beyond GM wiesen auf die Konsultation des britischen Umweltministeriums Defra zu den Deregulierungsplänen im Frühjahr 2021 hin. Damals hatten sich die meisten Teilnehmenden dafür ausgesprochen, die bisherigen, auf dem EU-Gentechnikrecht beruhenden Regelungen beizubehalten. Doch schon im September 2021 legte die Defra einen Lockerungsplan vor, der diesem klaren Konsultationsergebnis widersprach. Sie stützte sich dabei auf die Stellungnahmen von wenigen öffentlichen Einrichtungen und akademischen Institutionen. Seither setzt die Regierung diesen Plan Schritt für Schritt um.
Sie legte Rechtsvorschriften vor, die Feldversuche mit genomeditierten Pflanzen erleichtern. Beide Parlamentskammern stimmten dem zu, so dass die neuen Regeln seit Anfang April 2022 in Kraft sind. Seither müssen Feldversuche mit bestimmten genomeditierten Pflanzen (als QHP, qualifying higher plants, bezeichnet) nur gemeldet aber nicht mehr genehmigt werden. Ein Beratungskommittee der Regierung (Advisory Committee on Releases to the Environment, ACRE) hat in einem Leitfaden dargelegt, für welche gentechnischen Veränderungen diese Erleichterungen gelten. Das Dokument öffne die Tür zu einem Wilden Westen des unregulierten Anbaus gentechnisch veränderter Organismen, kommentierte Claire Robinson von GMWatch. Das amtliche Register listet bereits zwei Freisetzungsversuche für QHPs auf, die nur noch angezeigt wurden. Dabei handelt es sich um Tomaten, die Vitamin D anreichern sollen, sowie um Leindotter, bei dem die Zusammensetzung der Fettsäuren im Öl geändert wurde.[lf]Government of the United Kingdom: Queen’s speech 2022 (10.05.2022)Government of the United Kingdom:Background briefing notes to the Queen’s speech (10.05.2022)Advisory Committee on Releases to the Environment: Technical guidance on using genetic technologies (such as gene-editing) for making ‘qualifying higher plants’ for research trials (11.04.2022)Science Media Center: Expert reaction to Queen’s speech (10.05.2022)GM Freeze: No public support for removal of GM safeguards (10.05.2022)GM Freeze: Safeguards under threat (April 2022)Beyond GM: A ‘Precision Breeding’ Bill to fast-track GMO deregulation in England (10.05.2022)Beyond GM: UK removes ‘barriers’ from GMO field trials (15.03.2022)Infodienst: Großbritannien erleichtert Versuchsanbau von Crispr-Pflanzen (26.01.2022)Infodienst: Die britische Regierung veröffentlicht einen Fahrplan für mehr Gentechnik (30.09.2021)

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Wird EU Glyphosat-Zulassung vorläufig verlängern?

Die Europäische Kommission erwägt, die bis Dezember 2022 gültige Zulassung für das Herbizid Glyphosat befristet zu verlängern. Denn die europäische Lebensmittelbehörde EFSA will wegen der Menge des Materials erst im Sommer 2023 bewerten, ob der Unkrautvernichter gefährlich sein könnte. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides äußerte sich „zutiefst besorgt darüber, dass sich die Bewertung von Glyphosat verzögert“, berichtete das Portal Euractiv.

Bisher war das Ende 2019 gestartete Zulassungsverfahren so getaktet, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) noch vor dem 15. Dezember 2022 auf Vorschlag der EU-Kommission hätten entscheiden können, ob das Totalherbizid weiter erlaubt werden soll. An diesem Tag endet die aktuelle Zulassung. Weil bei der Konsultation vergangenen Herbst so viele Beiträge eingegangen waren, worauf die Glyphosathersteller wiederum antworteten, sei viel mehr Material zu verarbeiten als erwartet, teilten EFSA und die EU-Chemikalienagentur ECHA am Dienstag mit. Deshalb sehen sich die Beteiligten nicht in der Lage, die neuen Erkenntnisse bis zum Jahresende zu sichten und zu bewerten. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte dem Portal Euractiv, dass sie das „große Interesse an dem Bewertungsprozess“ und die „wirklich beispiellose Anzahl“ von Beiträgen der Interessengruppen anerkenne. Sie habe die Behörden aber gebeten, „ihr Möglichstes zu tun, um ihre Arbeit so schnell wie möglich abzuschließen“.

Der neue Zeitplan sieht nun so aus: Der Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA wird die Gefahreneinstufung von Glyphosat auf seiner Plenarsitzung am 30. und 31. Mai erörtern. Die Ergebnisse gehen an die EFSA und sollen Ende Juli bis Mitte August 2022 veröffentlicht werden. Dann steht fest, ob die ECHA Glyphosat weiterhin als nicht krebserregend einstuft oder ihre Position ändert. Die vier Mitglieder der Bewertungsgruppe für Glyphosat (AGG) – Frankreich, Ungarn, die Niederlande und Schweden – wollen ihren 2021 vorgestellten Bericht (dRAR) „voraussichtlich bis zum 30. September 2022“ aktualisieren. Die EFSA will diesen Bericht und die ECHA-Einstufung dann im November und Dezember 2022 in sogenannten Peer-Review-Sitzungen mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten diskutieren. Ihre „Schlussfolgerungen“ will sie im Juli 2023 fertigstellen und der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten und den Glyphosatherstellern übergeben. Darin „wird die EFSA alle möglichen Risiken bewerten, die eine Exposition gegenüber Glyphosat für Menschen, Tiere und die Umwelt mit sich bringen könnte“, schrieb die Behörde. Darauf gründet die EU-Kommission dann ihren Vorschlag, ob das Herbizid neu zugelassen werden soll. Entscheiden müssen am Ende die Mitgliedsstaaten mit qualifizierter Mehrheit.

Nach dem neuen Zeitplan würden sie das voraussichtlich erst im Herbst 2023 tun, also ein dreiviertel Jahr nach dem Ende der bestehenden Zulassung. Damit stellt sich die Frage, was in der Zwischenzeit gelten soll. Die EU-Kommission werde vorschlagen, die aktuelle Zulassung befristet zu verlängern, zitierte das Portal Top Agrar eine Sprecherin. Voraussetzung sei allerdings, dass die EU-Behörden keine Anzeichen dafür fänden, dass die Zulassungskriterien für das Pestizid nicht mehr erfüllt sein könnten. Für das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) liegen diese Anzeichen bereits jetzt vor: Die EFSA habe schon genügend Beweise dafür erhalten, dass von Glyphosat ein inakzeptables Risiko für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt ausgehe, so der Chemikalienbeauftragte bei PAN Europe, Gergely Simon, in einer Medieninformation. Sein Kollege Martin Dermine forderte die EFSA auf, das noch vor Ende des Jahres offiziell festzustellen, damit für alle Beteiligten klar ist, dass die aktuelle Zulassung nicht übergangsweise verlängert werden kann. PAN kritisierte das „Missmanagement der EFSA“ und lehnte jegliche Verlängerung der Glyphosat-Zulassung ab. Marius Stelzmann von der Coordination gegen Bayer-Gefahren sprach von einem Skandal: „Die EU hatte lange genug Zeit, über die Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat zu befinden.“

Die Glyphosathersteller in der Glyphosate Renewal Group (GRG) nehmen es gelassen. „Die GRG erkennt die Entscheidung zur Verlängerung des Genehmigungszeitraums an, da dies der EFSA zusätzliche Zeit gibt, den Verlängerungsantrag und alle relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse gründlich zu bewerten“, heißt es in einer Stellungnahme. Solche „Verfahrensverzögerungen zusammen mit einer Verlängerung des aktuellen Genehmigungszeitraums“ seien „Standardpraktiken des EU-Regulierungsprozesses“. Die GRG kennt sie bereits aus der Vergangenheit: Im Sommer 2016 verlängerte die EU-Kommission – mangels qualifizierter Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten – die damalige Zulassung von Glyphosat um 18 Monate, bis Dezember 2017. Ende 2017 sorgte dann der damalige deutsche Agrarminister Christian Schmidt (CSU) unautorisiert für die nötige Mehrheit, um das Pflanzengift erneut für fünf Jahre zuzulassen – bis 15.12.2022. [lf/vef]EFSA, ECHA: Glyphosat: EFSA und ECHA aktualisieren Zeitpläne für Bewertungen (10.05.2022)Euractiv: EU-Agenturen verschieben Glyphosat-Gutachten auf Mitte 2023 (11.05.2022)Top Agrar: EU könnte aktuelle Glyphosat-Zulassung um ein Jahr verlängern (12.05.2022)PAN Germany: Entscheidung über Glyphosat um ein Jahr verschoben, Belastungen gehen weiter (12.05.2022)PAN Europe: EFSA announces it postpones its conclusions on glyphosate by one year: Citizens‘ health and the environment at risk! (11.05.2022)Coordination gegen Bayer-Gefahren: Behördenversagen – EU verschleppt Glyphosat-Entscheidung (12.05.2022)Infodienst: Glyphosatzulassung: Die Bewertung der Behörden steht zur Diskussion (24.09.2021)Infodienst: Glyphosatzulassung: alte Studien, altes Ergebnis? (22.06.2021)

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Neues Gentechnikrecht: Bürger können sich an EU-Konsultation beteiligen

Die EU-Kommission will von Bürger*innen und Organisationen wissen, wie sie zu ihren Plänen stehen, das Gentechnikrecht neu zu regeln. Dazu hat sie eine zweimonatige Konsultation mit vorgegebenen Fragen gestartet. Wirtschafts- und Umweltverbände halten die Konsultation für einseitig, rufen aber zur Teilnahme auf.

Auf der Startseite beschreibt die Kommission ihren Plan so: Er ziele „auf eine angemessene Regulierungsaufsicht“ über Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellt werden. „Damit wird ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt angestrebt, Innovation ermöglicht und mit sicheren NGT-Erzeugnissen zu den Zielen des europäischen Grünen Deals und der Strategie ‚Vom Hof auf den Tisch‘ beigetragen.“ In einem verlinkten Dokument verdeutlicht die Kommission ausführlich die Vorteile, die sie sich von NGT erhofft.

Wer sich an der Konsultation beteiligen will, muss sich zuerst auf der Kommissions-Webseite registrieren und gelangt dann zum Fragebogen. Der gliedert sich in Fragen zur aktuellen Situation und zur gewünschten künftigen Regulierung. Zur aktuellen Situation teilt die Kommission einführend mit, ihre Untersuchung hätte ergeben, „dass die geltenden Rechtsvorschriften in Bezug auf Pflanzen, die durch bestimmte neuartige genomische Verfahren gewonnen werden, und die daraus hergestellten Produkte nicht mehr ihren Zweck erfüllen und an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst werden müssen“. Danach will sie von den Befragten wissen, wie sie „angesichts der zuvor beschriebenen Probleme die bestehenden GVO-Rechtsvorschriften“ für NGT-Pflanzen beurteilen. In dem Teil zu künftigen Regelungen beziehen sich die Fragen vor allem auf die Risikobewertung und Nachhaltigkeit.
Den Fragen zum Risiko wird vorausgeschickt, dass die europäische Lebensmittelbehörde EFSA viele NGT-Pflanzen für ebenso harmlos halte wie Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung. Den Fragen zur Nachhaltigkeit stellt die Kommission ihre Einschätzung voraus, wie wichtig NGT-Pflanzen für den Green Deal seien und fragt explizit ab, welche potentiellen Eigenschaften dieser Pflanzen die wichtigsten Beiträge zur Nachhaltigkeit liefern würden. Auch sollen sich die Befragten den Kopf darüber zerbrechen, was zu tun ist, wenn für NGT-Pflanzen keine zuverlässigen Analysemethoden zur Verfügung stehen oder wie diese Pflanzen rückverfolgt werden könnten. Insgesamt spiegelt die Befragung das Ziel der Kommission deutlich wider: Das Gentechnikrecht soll für NGT geändert werden.

Dies sieht auch ENGA so, der europäische Verband der gentechnikfreien Lebensmittelwirtschaft. Er wirft der Kommission eine Reihe von Falschaussagen in ihrem Fragebogen vor. Sie sei „eindeutig voreingenommen“ und lasse wenig Raum für Beiträge der Interessengruppen, die sich nicht an ihren stark tendenziösen Fragen orientieren. Nur bei vier von 18 Fragen könnten Interessengruppen zu ihren Kreuzchen auch eine begrenzte schriftliche Antwort geben. „Es ist erschreckend und bezeichnend, wie einseitig die EU-Kommission die Ergebnisse offenbar steuern will. Und das in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren, das sich um größtmögliche Neutralität bemühen sollte“, kommentierte der Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), Alexander Hissting, die Befragung.

Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft kritisierte, dass bewährte und wichtige Aspekte des Gentechnikrechts wie Transparenz und Standortregister, Koexistenz- und Haftungsregelungen gar nicht benannt würden. Dabei sei ohne sie „die Umsetzung des in der EU geltenden Vorsorgeprinzips nicht machbar.“ Mute Schimpf, Agrarkampaignerin von Friends of the Earth Europe (dt.: Freunde der Erde Europa) wies darauf hin, dass die NGT-Pflanzen, deren Nachhaltigkeit die Kommission abfrage, noch in den Forschungspipelines der Konzerne steckten. Wie könne die Nachhaltigkeit von Pflanzen wissenschaftlich belegt werden, die noch gar nicht existierten, fragt sie. Deutlich wurde Brigitte Reisenberger, Gentechniksprecherin der österreichischen Umweltorganisation GLOBAL 2000. Sie sprach von einer „mangelhaften Konsultation, die vor Greenwashing und Suggestivfragen nur so strotzt“. [lf]EU-Kommission: Konsultation zu Rechtsvorschriften für Pflanzen, die mithilfe bestimmter neuer genomischer Verfahren gewonnen werden (29 April 2022 bis 22 Juli 2022 )EU-Kommission: Factsheet zur Konsultation (April 2022)ENGA: Biased framing of European Commission questionnaire shows that it is on a path towards de-regulation of New GMOs (05.05.2022)VLOG: Einseitige Fragen: EU-Konsultation zu neuer Gentechnik gestartet (05.05.2022)AbL: Das Recht auf gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung darf nicht gekippt werden (06.05.2022)Friends of the Earth Europe: New GMOs: Commission serves big agribusiness’ interests (05.05.2022)Global2000 und bio Austria: Mangelhafte Konsultation zu EU-Gentechnikrecht (05.05.2022)Infodienst: EU fragt Bürger: neue Regeln für neue Gentechnik? (08.10.2021)

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Neues Gentechnikrecht: Bürger können sich an EU-Konsultation beteiligen

Der Sitz der EU-Kommission in Brüssel. Foto: EmDee - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91781296Die EU-Kommission will von Bürger*innen und Organisationen wissen, wie sie zu ihren Plänen stehen, das Gentechnikrecht neu zu regeln. Dazu hat sie eine zweimonatige Konsultation mit vorgegebenen Fragen gestartet. Wirtschafts- und Umweltverbände halten die Konsultation für einseitig, rufen aber zur Teilnahme auf.

Auf der Startseite beschreibt die Kommission ihren Plan so: Er ziele „auf eine angemessene Regulierungsaufsicht“ über Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellt werden. „Damit wird ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt angestrebt, Innovation ermöglicht und mit sicheren NGT-Erzeugnissen zu den Zielen des europäischen Grünen Deals und der Strategie ‚Vom Hof auf den Tisch‘ beigetragen.“ In einem verlinkten Dokument verdeutlicht die Kommission ausführlich die Vorteile, die sie sich von NGT erhofft.

Wer sich an der Konsultation beteiligen will, muss sich zuerst auf der Kommissions-Webseite registrieren und gelangt dann zum Fragebogen. Der gliedert sich in Fragen zur aktuellen Situation und zur gewünschten künftigen Regulierung. Zur aktuellen Situation teilt die Kommission einführend mit, ihre Untersuchung hätte ergeben, „dass die geltenden Rechtsvorschriften in Bezug auf Pflanzen, die durch bestimmte neuartige genomische Verfahren gewonnen werden, und die daraus hergestellten Produkte nicht mehr ihren Zweck erfüllen und an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst werden müssen“. Danach will sie von den Befragten wissen, wie sie „angesichts der zuvor beschriebenen Probleme die bestehenden GVO-Rechtsvorschriften“ für NGT-Pflanzen beurteilen. In dem Teil zu künftigen Regelungen beziehen sich die Fragen vor allem auf die Risikobewertung und Nachhaltigkeit.
Den Fragen zum Risiko wird vorausgeschickt, dass die europäische Lebensmittelbehörde EFSA viele NGT-Pflanzen für ebenso harmlos halte wie Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung. Den Fragen zur Nachhaltigkeit stellt die Kommission ihre Einschätzung voraus, wie wichtig NGT-Pflanzen für den Green Deal seien und fragt explizit ab, welche potentiellen Eigenschaften dieser Pflanzen die wichtigsten Beiträge zur Nachhaltigkeit liefern würden. Auch sollen sich die Befragten den Kopf darüber zerbrechen, was zu tun ist, wenn für NGT-Pflanzen keine zuverlässigen Analysemethoden zur Verfügung stehen oder wie diese Pflanzen rückverfolgt werden könnten. Insgesamt spiegelt die Befragung das Ziel der Kommission deutlich wider: Das Gentechnikrecht soll für NGT geändert werden.

Dies sieht auch ENGA so, der europäische Verband der gentechnikfreien Lebensmittelwirtschaft. Er wirft der Kommission eine Reihe von Falschaussagen in ihrem Fragebogen vor. Sie sei „eindeutig voreingenommen“ und lasse wenig Raum für Beiträge der Interessengruppen, die sich nicht an ihren stark tendenziösen Fragen orientieren. Nur bei vier von 18 Fragen könnten Interessengruppen zu ihren Kreuzchen auch eine begrenzte schriftliche Antwort geben. „Es ist erschreckend und bezeichnend, wie einseitig die EU-Kommission die Ergebnisse offenbar steuern will. Und das in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren, das sich um größtmögliche Neutralität bemühen sollte“, kommentierte der Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), Alexander Hissting, die Befragung.

Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft kritisierte, dass bewährte und wichtige Aspekte des Gentechnikrechts wie Transparenz und Standortregister, Koexistenz- und Haftungsregelungen gar nicht benannt würden. Dabei sei ohne sie „die Umsetzung des in der EU geltenden Vorsorgeprinzips nicht machbar.“ Mute Schimpf, Agrarkampaignerin von Friends of the Earth Europe (dt.: Freunde der Erde Europa) wies darauf hin, dass die NGT-Pflanzen, deren Nachhaltigkeit die Kommission abfrage, noch in den Forschungspipelines der Konzerne steckten. Wie könne die Nachhaltigkeit von Pflanzen wissenschaftlich belegt werden, die noch gar nicht existierten, fragt sie. Deutlich wurde Brigitte Reisenberger, Gentechniksprecherin der österreichischen Umweltorganisation GLOBAL 2000. Sie sprach von einer „mangelhaften Konsultation, die vor Greenwashing und Suggestivfragen nur so strotzt“. [lf]

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