Eukalyptus - Aracruz monoculture (Foto: Chris Lang, https://bit.ly/3RW9Dy9, creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0)Der Forest Stewardship Council (FSC) hat seine vorsichtige Öffnung hin zu gentechnisch veränderten Bäumen zurückgenommen. Damit reagierte die Organisation auf massive Proteste von Umweltorganisationen. Ganz vom Tisch ist das Thema Gentechnik beim FSC damit noch nicht. Denn große FSC-zertifizierte Unternehmen wollen Gentech-Bäume anbauen. Vergangene Woche teilte der FSC-Vorstand mit, er werde den im Februar 2022 begonnenen Gentechnik-Lernprozess beenden. Ziel des Prozesses war zu entscheiden, ob FSC-zertifizierte Unternehmen außerhalb ihrer FSC-Flächen gentechnisch veränderte (gv) Bäume kommerziell anpflanzen dürfen – was die Standards derzeit verbieten. Doch diese Überlegungen stießen innerhalb und außerhalb des FSC auf massiven Protest, der den Vorstand schließlich zu einer Reaktion zwang. „Bei der Entscheidung wurden die unterschiedlichen Auffassungen der FSC-Mitglieder über den Lernprozess, die damit verbundene Spaltung des FSC sowie das potenzielle Risiko für den Auftrag und den Ruf des FSC berücksichtigt“, hieß es in der Erklärung des Vorstandes. Die Entscheidung sei im Konsens getroffen worden, wobei zwei von sieben Vorstandsmitgliedern Vorbehalte gegen das Vorgehen geäußert hätten. „Diese Entscheidung des FSC, gentechnisch veränderte Bäume abzulehnen, spiegelt die ernsten ökologischen und wissenschaftlichen Fragen wider, die diese Technologie aufwirft und die in den letzten Jahren im Interesse der Unternehmen vertuscht wurden“, sagte Anne Petermann vom Global Justice Ecology Project, das die Kampagne STOP GE Trees koordiniert. Mehr als 130 Umwelt- und Sozialrechtsgruppen aus 34 Ländern, darunter 10 FSC-Mitglieder, hatten einen Aufruf der Kampagne unterzeichnet und damit den FSC aufgefordert, Anbau und Verarbeitung von gentechnisch veränderten Bäumen weiterhin zu verbieten und sich nicht an Feldversuchen zu beteiligen. Diese großflächigen, vom FSC zu überwachenden Feldversuche waren ein wichtiger Teil des jetzt beendeten Lernprozesses. In der Vorstandserklärung heißt es dazu: „Der Vorstand bekräftigte, dass (abgesehen von Literaturrecherchen, Schreibtischstudien und Forschungen, die nach der derzeitigen Verbandspolitik zulässig sind) keine Untersuchungen gentechnisch veränderter Bäume durchgeführt oder vom FSC gefordert werden, ohne zuvor eine breite Beteiligung und Zustimmung der Mitglieder sicherzustellen.“ Der FSC zeichnet mit seinem Siegel seit 30 Jahren weltweit nachhaltige Forstwirtschaft aus. Dabei waren gv-Bäume von Anfang an als nicht nachhaltig angesehen worden und damit nicht zertifizierbar. Diese strikte Position begann aufzuweichen, als Holzkonzerne mit FSC-zertifizierten Plantagen sich für gv-Bäume interessierten. Besonders aktiv war dabei das brasilianische Unternehmen Suzano Papel & Celulose, der weltweit größte Anbauer von Eukalyptus und einer der größten Papierproduzenten Lateinamerikas. Suzano entwickelte gv-Eukalyptus und bekam im November 2021 von der brasilianischen Gentechnik-Behörde CTNBio die Erlaubnis, die gv-Eukalyptus-Linie 751K032 kommerziell anzubauen. Der FSC hatte jahrelang toleriert, dass von ihm zertifizierte Unternehmen parallel an gv-Bäumen forschten. Im September 2021 forderte die Organisation ihre Mitglieder auf „zu bewerten, ob das Verbot des kommerziellen Einsatzes von Gentechnik in nicht zertifizierten Plantagen und Produkten weiterhin angemessen ist“. Im Februar 2022 kam dann der gentechnische „Lernprozess“ hinzu, der großflächige Feldversuche mit gv-Bäumen unter Aufsicht des FSC ermöglicht hätte. Der wachsende Widerstand brachte den Vorstand des FSC nun dazu, zumindest den „Lernprozess“ zu beenden. Vom Tisch ist das Thema Gentechnik beim FSC damit noch nicht. Denn der Vorstand betonte in seiner Erklärung auch, wie wichtig es sei, „die neuesten Entwicklungen in Wissenschaft, Technologie und Wissen zu diskutieren und auf dem Laufenden zu bleiben, um eine verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung zu verbessern, die soziale, wirtschaftliche und ökologische Werte auf verschiedenen Wegen erfüllt“. Auf seiner nächsten Sitzung im August 2023 will der Vorstand erörtern, wie diese Diskussion weitergeführt werden soll. Zu vermuten ist, dass Suzano weiterhin dafür eintreten wird, die Standards aufzuweichen. Denn nach der noch gültigen FSC-Politik kann der Konzern seine gentechnisch veränderten Eukalyptusbäume nicht kommerziell anbauen, ohne vorher den FSC zu verlassen, „was erhebliche Auswirkungen auf die Märkte des Unternehmens haben könnte“, wie die Kampagne STOP GE Trees schreibt. Auf der Gentechnikseite des FSC steht weiterhin: „Der FSC ist sich bewusst, dass mehrere FSC-zertifizierte Unternehmen ihre gentechnische Forschung vorantreiben, und die FSC-Richtlinien in diesem Bereich nicht den aktuellen Stand der Forschung oder Technologien widerspiegeln.“ Doch fürs erste dürfte der FSC-Vorstand seine Lektion gelernt haben – was der Kampagne Zeit gibt, sich auf zwei andere bedrohliche Entwicklungen zu konzentrieren. Das US-Landwirtschaftsministerium kann jederzeit erlauben, dass die gentechnisch veränderte Kastanie „Darling 58“ unkontrolliert in amerikanische Wälder ausgewildert wird. Hinzu kommt eine gv-Pappel, die das Unternehmen Living Carbon in großem Stil anbauen will – wofür es nicht einmal eine Genehmigung braucht. Und auch in Europa forschen Wissenschaftler:innen an gv-Bäumen und pflanzen schon Versuchspappeln, etwa in Schweden. [lf]