Zum ersten Mal nach 19 Jahren könnte der zuständige europäische Ausschuss diesen Freitag (21.1.) wieder gentechnisch veränderten Mais in Europa zum Anbau zulassen. Eine Abstimmung darüber steht für die Maissorten MON 810 (Monsanto), 1507 (Pioneer) und Bt11 (Syngenta) auf der Tagesordnung. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen will deshalb am Donnerstag im Bundestag beschließen lassen, dass die Bundesregierung in dem EU-Ausschuss gegen den Anbau dieser Maissorten stimmen soll. „Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen wird sowohl in Deutschland als auch in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) von der Bevölkerung mit großer Mehrheit abgelehnt“, heißt es in der Begründung des grünen Antrags. Im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF), in dem die EU-Mitgliedsländer am Freitag über Anbauverbote entscheiden, fehlt jedoch meist die erforderliche Mehrheit – für eine Zulassung ebenso wie für ein Verbot gentechnisch veränderter Pflanzen. „Das deutsche Landwirtschaftsministerium votiert üblicherweise für Zustimmung, das deutsche Umweltministerium für Ablehnung – weshalb sich die Bundesregierung in der Vergangenheit meist enthalten hat“, kritisieren die Grünen. Im Fall eines Patts muss die Europäische Kommission eine Pflanze dann innerhalb einer bestimmten Frist zulassen. Nach Ansicht von Umweltschützern und Grünen darf es dazu bei den drei Maissorten nicht kommen. „Deutschland muss am Freitag in Brüssel ganz klar „Nein“ sagen zum Genmais“, fordert der Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag, Harald Ebner. Denn die Risiken der zur Zulassung anstehenden Sorten für Umwelt und Gesundheit seien nicht ausreichend geklärt, heißt es in dem Abstimmungsantrag an den Bundestag. So könnte beispielsweise das vom Bt-Mais produzierte Gift nicht nur den schädlichen Maiszünsler töten, sondern auch andere Insekten und Gliederfüßer. Auch die Folgen für mit Bt-Mais gefütterte Nutztiere und letztlich für den Menschen seien unklar. Damit der Mais das Gift produzieren kann, wurde ihm ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingepflanzt. Bt11- und 1507-Maispflanzen sind außerdem resistent gegen das Breitbandherbizid Glufosinat der Firma Bayer. Bei der EU-Entscheidung am Freitag geht es aber auch um politische Strategie: Um den Mitgliedsstaaten zu erleichtern, auf EU-Ebene für eine Anbauzulassung zu stimmen, habe man ihnen die Möglichkeit eingeräumt, den Anbau auf dem eigenen Staatsgebiet zu verbieten, erklärt Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland. „Die Kommission will jetzt testen, ob ihr Kalkül aufgeht.“ Also ob die Mitgliedsstaaten die Zulassungen durchwinken, weil sie den Mais auf ihren nationalen Äckern trotzdem verbieten können. Diese sogenannte Opt-Out-Regelung müssen die Mitgliedsstaaten allerdings noch in nationales Recht umsetzen. Dafür will die Bundesregierung aktuell das deutsche Gentechnikgesetz ändern, stößt mit ihrem Entwurf aber auf massiven Widerstand (der Infodienst berichtet laufend). Ob die Gesetzesänderung in dieser Legislaturperiode noch beschlossen wird, erscheint fraglich. Die Grünen vermissen jedenfalls bis heute eine „zuverlässige Grundlage für rechtssichere nationale Anbauverbote“. Doch selbst, wenn der Ständige Ausschuss am Freitag wider Erwarten den Anbau des Gentech-Maises erlauben würde: Auf deutschen Äckern dürfte er nicht wachsen. Denn als die Möglichkeit des Opt-out auf EU-Ebene eingeführt wurde, hat Deutschland eine Übergangsregelung genutzt, und sich bereits vorsorglich gegen den Anbau dieser Sorten im Bundesgebiet ausgesprochen. [vef]Antrag von Bündnis90/Grüne an den Deutschen Bundestag: keine Zulassung der Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 - Drucksache 18/10246Deutscher Bundestag - Sitzungsablauf am 26.1.2017Tagesordnung des Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel der EU vom 27.1.2017BUND Naturschutz: EU-Anbauzulassung von Gentechnik-Mais verhindern (14.11.2016)Dossier: Mais MON810 (Monsanto)Dossier: Mais 1507 (Dupont-Pioneer/Dow)Dossier: EU-Gentechnik-Recht: Nationale Anbau- und Importverbote ("Opt-Out"-Mechanismus)