Das westafrikanische Ghana hat einer gentechnisch veränderten Augenbohne die letzte noch ausstehende Genehmigung für den kommerziellen Anbau erteilt. Auch ansonsten setzt das Land auf Agro-Gentechnik, gegen starken Widerstand aus der Bevölkerung. Der führte immerhin zu einer gerichtlich verordneten Kennzeichnungspflicht.

 

Augenbohnen (englisch Cowpeas) zählen zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln in Westafrika. Entwickelt hat die gentechnisch veränderte (gv) Bohne das staatliche Savannah Agricultural Research Institute (SARI). Es verwendete dafür Fremd-DNA des Bayer-Konzerns, mit deren Hilfe die Bohnen ein insektengiftiges Protein, das Bt-Toxin, bilden können. Es soll die Raupen eines tropischen Schmetterlings, des Bohnen-Zünslers, abtöten. Die Nationale Biosicherheitsbehörde NBA hatte die Bt-Bohnen bereits im Sommer 2022 für Anbauversuche in größerem Umfang zugelassen. Nachdem diese anscheinend zur Zufriedenheit der Behörde ausgefallen waren, erteilte sie nun die endgültige Anbauerlaubnis. Gleichzeitig wurde die Gentech-Bohne in den nationalen Sortenkatalog aufgenommen. Damit ist Ghana nach Nigeria das zweite Land, in dem Bt-Bohnen kommerziell angebaut werden dürfen. Die Befürworter:innen versprechen sich davon bessere Erträge und mehr Ernährungssicherheit. Kritiker:innen wie die Peasant Farmers Association of Ghana (PFAG) dagegen fürchten negative Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt und warnen vor steigenden Saatgutkosten und der Abhängigkeit von internationalen Saatgutkonzernen.

 

Große Hoffnungen hatten die Kritiker:innen auf eine Klage vor dem ghanaischen Gerichtshof für Menschenrechte gesetzt. Doch das Gericht wies am 24. Mai 2024 die Einsprüche gegen den kommerziellen Anbau der gv-Bohnen als nicht überzeugend zurück. Allerdings verfügte die Richterin Barbara Tetteh-Charway, die NBA müsse dafür sorgen, dass alle gentechnisch veränderten Organismen (GVO), die auf den Markt kommen, gekennzeichnet sind. Auch habe die Behörde alle Daten, die ihr zu den verschiedenen GVO vorliegen, zu veröffentlichen. Die ghanaische Umweltorganisation CCCFS (Centre for Climate Change and Food Security) feierte diesen Teil der Entscheidung als „Sieg“ und „Meilenstein im Kampf gegen GVOs“. Dabei bezog sie sich nicht nur auf die gv-Bohnen, sondern auch auf eine Entscheidung der NBA vom Februar 2024. Da hatte die Behörde die Einfuhr von 14 Sorten gv-Mais und gv-Soja als Lebens- und Futtermittel und für die Verarbeitung freigegeben, nicht aber für den Anbau. Die meisten dieser Sorten kommen aus dem Hause Bayer. Auch diese Freigabe wurde von zahlreichen Organisationen kritisiert. Sie warnten vor möglichen Gesundheits- und Umweltrisiken, vor einer Kontamination der Lebensmittelkette sowie vor negativen Auswirkungen auf die traditionelle Landwirtschaft. Die PFAG kritisierte, die ghanaische Regierung fördere „die Agenda der multinationalen Saatgutunternehmen“. Die Organisation ActionAid Ghana forderte, die Regierung solle auf Agrarökologie statt GVO setzen. Die Freigabe der GVO-Importe berge „erhebliche Risiken für die Ernährungssicherheit, die biologische Vielfalt und das Wohlergehen gefährdeter Gemeinschaften“.

 

Sorgen machen sich auch die ghanaischen Landwirt:innen, die gentechnikfreie Sojabohnen anbauen. Sie fürchten sich vor Verunreinigungen durch die Importe und davor, dass die Regierung bald auch den Anbau freigibt. Der Verband der Sojaanbauer und -verarbeiter warnte davor, dass der Exportmarkt für gentechnikfreie Sojabohnen wegbrechen könne, ebenso wie der Inlandsabsatz, da die Verbraucher:innen gv-Soja ablehnten. In der öffentlichen Diskussion in Ghana nehmen die möglichen sozialen und wirtschaftlichen Folgen von GVO immer mehr Raum ein, stellte eine von einer Gentechnik-Lobbyorganisation unterstützte Studie fest. Sie wertete die zwischen Januar 2021 und Dezember 2023 auf den drei wichtigsten ghanaischen Newsportalen erschienenen Artikel mit GVO-Bezug aus. Dabei zeigte sich, dass mit der Zeit Umwelt- und Gesundheitsthemen in den Hintergrund traten und stärker die sozioökonomischen Aspekte thematisiert wurden.

 

Noch vor wenigen Jahren fanden in Ghana auch Feldversuche mit gv-Süßkartoffeln, gv-Baumwolle und gv-Reis statt. Sie wurden nicht fortgesetzt, weil dem staatlichen Forschungsinstitut das Geld dafür ausging. Weitermachen wollen die Forscher:innen mit den Augenbohnen. Sie arbeiten daran, die Bohne so zu verändern, dass sie ein zweites Bt-Toxin produzieren kann. Falls der Bohnen-Zünsler gegen das erste Bt-Toxin resistent werden sollte – was angesichts der bisherigen Erfahrungen mit Bt-Pflanzen zu erwarten ist. [lf]