An einem Forschungsstandort in Zürich dürfen in den kommenden sechs Jahren gentechnisch veränderte Apfelbäume im Freien getestet werden. Ab diesem Frühling kann es losgehen, wie das Bundesamt für Umwelt gestern mitteilte.
Die Apfelbäume sollen laut Forschern der Eidgenössischen Technischen Hochschule resistent gegen Feuerbrand sein, eine von Bakterien verursachte Krankheit. Der Sorte „Gala Galaxy“ wurde dazu DNA aus einer sibirischen Apfelsorte eingebaut. Gentechniker nennen die im Labor herbeigeführte Übertragung von Erbgut zwischen verwandten Arten „Cisgenese“ – unklar ist, ob das Verfahren rechtlich als Gentechnik eingestuft wird oder nicht. In der EU wird darüber intensiv diskutiert, dabei stehen allerdings Methoden wie CRISPR/Cas im Vordergrund.
Um zu verhindern, dass sich die künstlich eingebaute DNA auf weitere Bäume überträgt, müssen die Schweizer Forscher die Blüten der Gentech-Apfelbäume entfernen. „Weil die Versuchspflanzen in der Schweiz Kreuzungspartner haben, der Pollen durch Insekten über weite Distanzen verbreitet werden kann und allfällige Kreuzungen von herkömmlichen und cisgenen Pflanzen (Hybriden) hier gedeihen könnten, ist das Verhindern solcher Auskreuzungen besonders wichtig“, erklärte die zuständige Behörde.
Die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) sieht den Versuch kritisch. Sie bezweifelt, dass die in den kommenden Jahren erhobenen Daten überhaupt aussagekräftig sein werden: „Die Amputation aller Blüten ist eine massive Verletzung und ein radikaler Eingriff in den Stoffwechsel der Pflanzen, der eine Vielzahl von Gegenreaktionen auslöst und damit den Aussagewert des Versuchs stark beeinträchtigt. Da zudem der Feuerbrand und andere Krankheiten häufig über die Blüten übertragen werden, sinkt der Aussagewert des Versuchs gegen Null.“
Außerdem gebe es viele von Natur aus robuste Apfelbäume, die mit Feuerbrand und Schorf „deutlich besser umgehen“ könnten – nur seien diese bislang eben nicht im Supermarkt zu finden. „Die alte Regel – je mehr Vielfalt, desto weniger Krankheiten und Schädlinge und desto mehr Ertragssicherheit – sollte auch im Obstbau wieder mehr Beachtung finden“, empfiehlt die SAG-Präsidentin und Bio-Landwirtin Maya Graf.
Den Einsatz von Gentech-Bäumen lehnt die Gruppe ab: „Bäume haben, im Gegensatz zu vielen landwirtschaftlichen Kulturen, eine Lebensdauer von vielen Jahren. In diesem Zeitraum können sie ihr Erbgut nicht nur über Samen und Pollen, sondern auch über Wurzelausläufer über sehr weite Distanzen verbreiten. Die Gefahr einer Auskreuzung steigt daher bei gentechnisch veränderten Bäumen, im Vergleich zu manipulierten Ackerpflanzen, um ein Vielfaches.“ [dh]BAFU: Feldversuch mit gentechnisch veränderten Apfelbäumen teilweise bewilligt (03.05.16)SAG: BAFU bewilligt Freisetzungsversuch mit cisgenen Apfelbäumen (03.05.16)Dossier: Gentechnisch veränderte BäumeDossier: Neue Gen-Techniken - CRISPR & CoDossier: Kosten der Gentechnik - Verunreinigungen, Forschungsmittel, ArbeitsplätzeDossier: Lebensmittel - wo sind Gentechnik-Pflanzen drin und wie erkennt man das?