Das italienische Umweltministerium hat einen Freilandversuch mit einem gentechnisch veränderten Risotto-Reis erlaubt. Er soll resistent gegen die Pilzkrankheit Reisbrand sein. Auch Crispr-Bäume, Mais und Kartoffeln werden in der Europäischen Union dieses Jahr versuchsweise unter freiem Himmel angebaut.
Entwickelt hat die gentechnisch veränderte (gv) Reislinie namens Telemaco RIS8imo ein Team um Professorin Vittoria Brambilla von der Universität Mailand. Die Forschenden haben dazu mithilfe von Crispr/Cas9 drei nahe zusammenliegende Gene abgeschaltet, von denen angenommen wird, dass sie die Anfälligkeit von Reispflanzen gegenüber dem Reisbrandpilz Pyricularia oryzae erhöhen. Im Gewächshaus zeigte sich der Crispr-Reis weitgehend resistent gegen die Krankheit. Nun sollen 200 Setzlinge des Crispr-Reises auf einem Hof mitten im Reisanbaugebiet der Lombardei ausgepflanzt werden, auf 28 Quadratmetern inmitten eines 400 Quadratmeter großen Reisfeldes, das als Puffer Auskreuzungen vermeiden soll. Möglich wurde dieser erste Feldversuch seit 20 Jahren, nachdem das Parlament im vergangenen Jahr das Gentechnikgesetz geändert und Anbauversuche mit Pflanzen erlaubt hatte, die mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) verändert wurden.
Das Institut Testbiotech kritisierte, dass der Versuch mitten in einem kommerziellen Reisanbaugebiet stattfindet. Trotz Sicherheitsvorkehrungen könnten die neuen Genkombinationen in ausgewilderten Reis gelangen. „In Populationen von unkrautartigem Reis könnten die neuen Genkombinationen überdauern und andere, überraschende Wirkungen zeigen als in den Kulturpflanzen, zudem könnten die Gene so auch auf umliegende Felder gelangen“, schreibt Testbiotech. Das Institut weist darauf hin, dass die abgeschalteten Gene vielfältige Funktionen in der Pflanze hätten. So sei ein Gen deaktiviert worden, das die Resistenz gegen andere Pflanzenkrankheiten verstärken könne. „Unklar ist ebenfalls, ob sich die Wechselwirkungen zwischen den NGT-Pflanzen und mit ihnen assoziierten Bodenorganismen verändern“, schrieb Testbiotech. Das Institut wies darauf hin, dass die neue Genkombination mit herkömmlicher Züchtung „kaum erreichbar“ sei.
Tatsächlich geht herkömmliche Züchtung andere Wege. Sie kreuzt Reissorten ein, die von Natur aus gegen Reisbrand resistent sind. So hat das internationale Reisforschungsinstitut IRRI schon zahlreiche reisbrandresistente Sorten entwickelt. Veröffentlichungen des italienischen Agrarforschungszentrums CREA zeigen, dass es auch unter den in Italien üblichen konventionellen Sorten mehrere gibt, die Reisbrand überleben können.
Aus Sicht von Stefan Mori von der italienischen Umweltorganisation Centro Internazionale Crocevia ist die gentechnische Reisbrandresistenz nur ein Vehikel: „Die Feldversuche werden durchgeführt, um eine patentierte Kulturpflanze zu produzieren, weil diese Technologie einem industriellen Agrarmodell dient, das Patente zum Erkennungsmerkmal macht“, sagte er der Zeitung L'Indipendente. Zusammen mit zahlreichen anderen Organisationen ruft Centro Internazionale Crocevia von 20. bis 28. April zu einer nationalen Aktionswoche gegen NGT auf.
Der Crispr-Risottoreis ist nicht die einzige NGT-Pflanze, die in diesem Jahr erstmals auf europäischen Feldern versuchsweise angebaut wird. Im EU-Register finden sich noch zwei belgische Versuche: einer mit Pappeln, die einen veränderten Ligningehalt aufweisen, und einer mit Mais, der besser verdaulich sein soll. In Dänemark testet die Genossenschaft der Kartoffelbauern eine laut Labor gegen Krautfäule resistente gv-Knolle im Freien und die schwedische Landwirtschaftsuniversität will diverse Crispr-Espen ausbringen. In Großbritannien sollen laut einem Artikel in der Times auf bis zu 25 Farmen eine Gerste mit verändertem Fettgehalt und zwei Weizensorten getestet werden - eine mit weniger Asparagin und eine mit etwas größeren Körnern. [lf]