Der Bundesrat hält es für „dringend geboten“, das neue Gentechnikgesetz in zahlreiche Punkten nachzubessern. Anderenfalls würden bundeseinheitliche Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO) scheitern, heißt es in einer Stellungnahme, die heute verabschiedet wurde. Im Januar muss sich der Bundestag erneut mit dem Gesetz befassen. Die „Vielzahl komplizierter Regelungen“ im Entwurf könnte am Ende dazu führen, dass ein Flickenteppich unterschiedlicher Vorschriften zum Gentechnikanbau entstehe, kritisierte Claudia Dalbert von Bündnis90/Die Grünen in Sachsen-Anhalt. Sie forderte den Bundestag auf, den Entwurf zu „verschlanken“. Im Wesentlichen verlangt der Bundesrat folgende Änderungen: 1) Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium sollen allein über Anbauverbote entscheiden können, ohne vier weitere Ministerien zu beteiligen. 2) Wird ein Unternehmen aufgefordert, auf GVO-Anbau in Deutschland freiwillig zu verzichten, müssen keine „zwingenden Gründe“ dafür genannt werden. Das sehe auch die EU-Freisetzungsrichtlinie nicht vor. Umgekehrt dürfe auch dann, wenn solche zwingenden Gründe entfallen, der Anbau von GVO nicht wieder erlaubt werden. 3) Analog zur Einführung von Anbauverboten muss auch für deren Aufhebung („opt in“) eine Mehrheit im Bundesrat Voraussetzung sein. 4) Der Bund soll die Länder aktiv dabei unterstützen, Verbotsgründe zusammen zu tragen. Hat der Bund nicht vor, den Anbau von GVO per Verordnung zu verbieten, muss er die Länder darüber informieren. 5) Der Bundesrat „hält es auch nicht für sachgerecht, in die Begründung zum Gesetzentwurf Auslegungsvorgaben zu den neuen Gentechniken aufzunehmen, die keinerlei Bezug zum Regelungsteil des Entwurfs haben“, so die Stellungnahme. Solange es keine europäische Entscheidung dazu gebe, sollten alle Organismen, die mit Hilfe der neuen Gentechniken erzeugt werden, dem Gentechnikgesetz unterfallen. Die Bundesregierung hatte kurzfristig noch in die Begründung geschrieben, dass bei neuartigen Gentechniken im Einzelfall geprüft werden solle, ob ein GVO vorliege. Die Begründung eines Gesetzes lässt sich im parlamentarischen Verfahren jedoch nicht mehr ohne Weiteres beeinflussen. Ähnlichen Änderungsbedarf hatte bereits die SPD-Fraktion bei der 1. Lesung im Bundestag angemeldet. Die Staatssekretärin im Bundesagrarministerium, Maria Flachsbarth, hielt dem im Bundesrat entgegen, Bund und Länder müssten gemeinsam Verantwortung tragen, um den Anbau von GVO rechtssicher im ganzen Bundesgebiet verbieten zu können. Dieses Ziel könne mit dem Gesetz erreicht werden. „Agrarminister Schmidt hat die Bundesländer mit seinem Gentechnik-Comeback-Gesetz ausgebootet“, kritisierte dagegen der grüne Gentechnikexperte im Bundestag, Harald Ebner. „Heute hat er von ihnen dafür zu Recht die deutliche Quittung bekommen.“ „Dem Länder-Appell muss der Bundestag jetzt nachkommen“, forderte auch der Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft , Felix Prinz zu Löwenstein für 35.000 Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln. „Werden die Schwachstellen des aktuellen Entwurfs jetzt nicht behoben, müssen Bundestag und Bundesrat die Notbremse ziehen und das Gesetzgebungsverfahren stoppen.“ Der Bundesrat leitet seine Stellungnahme nun der Bundesregierung zu, die sich zu den Kritikpunkten äußern wird. Dann reicht sie beides an den Bundestag weiter, der – wie berichtet – bereits am 2.12. in erster Lesung mit seinen Beratungen begonnen hat. Das war möglich, weil die Bundesregierung den Entwurf als besonders eilbedürftig eingestuft hatte. Am 16. Januar ist eine öffentliche Anhörung im Agrarausschuss geplant. Sollte der Bundestag das Gesetz dann im Februar verabschieden, müsste sich der Bundesrat spätestens drei Wochen später abschließend damit befassen. [vef]Videos der Redebeiträge im Bundesrat am 16.12.2016Bundesrat: Empfehlungen der Ausschüsse zur Änderung des Gentechnikgesetzes (Drucksache 650/1/16 vom 5.12.2016)Dossier: EU-Gentechnik-Recht: Nationale Anbau- und Importverbote ("Opt-Out"-Mechanismus)Bericht zumTagesordnungspunkt Gentechnikgesetz auf der Webseite des Bundesrates (16.12.2016)