Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) will 20 repräsentativ ausgewählte Personen zu einer Bürgerkonferenz über neue gentechnische Verfahren wie Crispr-Cas einladen. Interessierte können sich noch bis 28. Juli bewerben. Gentechnik-Kritiker halten das für eine Showveranstaltung, deren Ergebnis vorher schon feststeht.
Wie das BfR mitteilte, sollen 20 Laien an zwei Wochenenden im August zunächst in das Thema „Genome Editing“ eingeführt werden. Unter diesem Begriff werden oft neue gentechnische Verfahren wie Crispr-Cas zusammengefasst, die nach Ansicht der Bundesagrarministerin nicht wie Gentechnik behandelt werden sollten. Die Agrarministerin wiederum ist die Dienstherrin des BfR. Also lädt das BfR auch nicht ein, über gentechnische Verfahren zu debattieren, sondern über „neue Methoden der Biotechnik“. Dabei hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) – sehr zum Ärger von Frau Klöckner - schon vor einem Jahr klargestellt, dass auch die neuen Mutagenese-Verfahren wie Gentechnik zu behandeln sind. Erst kürzlich war bei einem Dialogforum des Agrarministeriums zu „neuen molekularbiologischen Techniken“ kritisiert worden, dass das Ministerium mit seiner Wortwahl die Entscheidung des EuGH offensichtlich ignoriert.
Doch zurück zu Bürgerkonferenz: Wie BfR-Chef Hensel dem Tagesspiegel sagte, sollen Fachleute die 20 Laien zunächst verständlich und sachkundig in die wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Aspekte das Genome Editing einführen. Wer diese Fachleute sein werden, und wie sie mit der Realität des Rechtsstaates umgehen, war bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen. Andreas Hensel hat jedenfalls das Ziel, in einem Abschlussdokument Verbraucherinnen und Verbraucher zu Wort kommen zu lassen, die seine Behörde vorher „sachgerecht informiert“ hat. Dabei dürfen sie offenbar zumindest teilweise mitentscheiden, wessen Sachkunde sie hören wollen. Denn die Expertinnen, mit denen sie bei der dreitägigen Abschlusskonferenz vom 28. bis 30. September ihre Fragen diskutieren sollen, können sie aus einer vorbereiteten Liste selbst auswählen.
Ziel der Konferenz sei, erstmalig ein schriftliches Bürgervotum zu erhalten, das eine Bewertung und daraus abgeleitete Empfehlungen zum politischen und gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Genome Editing enthält, so BfR-Chef Hensel. Dieses solle bei der Abschlusskonferenz dann an Repräsentanten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft übergeben werden. Einige davon werden sich sicher wundern. Denn in den vergangenen Jahren haben Vereine und Verbände mit Tausenden Mitgliedern zahlreiche Voten zu Risiken und Kontrollbedarf der neuen Techniken abgegeben. Auch Meinungsumfragen zum Thema gab es immer wieder mit zahlreichen Befragten. Sogar das BfR selbst hat bereits vor zwei Jahren 39 repräsentativ ausgewählte Personen zum Genome Editing befragt. Der Grundtenor war: Das ist eine neue Form der Gentechnik, die wegen ihrer Risiken reguliert werden sollte. War das nicht das richtige Ergebnis?
Das meint jedenfalls Hans-Joachim Bannier, Co-Autor einer Studie zur neuen Gentechnik mit dem Titel „Zukunft oder Zeitbombe?“. „Dieser Plan ist dreist und ungeheuerlich“, schimpft der Pflanzenzüchter. „Nachdem die Bürger draußen im Lande seit Jahrzehnten in allen Umfragen mit stabilen 75%-Mehrheiten gegen die Gentechnik im Essen votieren, will das Ministerium sich jetzt sein eigenes ‚Bürgervotum‘ erschaffen, das den Politikern ein ‚passenderes‘ Bild der Bürgermeinung spiegeln und dann ersatzweise die politischen Entscheidungen pro Gentechnik legitimieren soll. 20 ausgewählte und in Klausur genommene Bürger statt 20 Jahre öffentliche Diskussion und stabile Umfrage-Ergebnisse!“ Dieser mit Steuermitteln finanzierte Coup habe einzig den Zweck, der Öffentlichkeit ein „Verbrauchervotum“ vorlegen zu können, das den neuen gentechnischen Verfahren positiv gegenübersteht. [vef]Presseinfo Bundesinstitut für Risikobewertung - Erbgut nach Maß: Was denken die Verbraucher?
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