Der Agrarkonzern Corteva (früher Dow, DuPont und Pioneer) hat weltweit rund 1.430 Patente auf Pflanzen angemeldet, die mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Auf Platz zwei liegt Bayer mit 119 Patenten. Gezählt haben die Patente sechs Verbände und Institutionen in einer gemeinsamen internationalen Recherche. Sie befürchten, dass diese Patentflut den Zugang von Züchtenden, Landwirtinnen und Landwirten zur genetischen Vielfalt einschränkt und die Ernährungssicherheit bedroht.
Die grundlegenden Patente für neue gentechnische Verfahren (NGT) wie Crispr/Cas liegen meist bei den Forschenden und universitären Einrichtungen, die sie entwickelt haben. Die beiden Gentechnik-Konzerne Corteva und Bayer haben von diesen weitgehende Lizenzrechte an den Verfahren erworben, beschreibt der Bericht unter dem Titel „Wie zwei Biotech-Giganten Patente und neue Gentechnikpflanzen nutzen, um die Zukunft der Ernährung zu kontrollieren“. Die beiden Unternehmen, die zusammen 40 Prozent des weltweiten Saatgutmarktes beherrschten, setzten die Technologien bei Pflanzen ein und sicherten sowohl die Anwendungen als auch die dabei entstehenden Pflanzen mit Patenten ab, kritisieren sechs europäische und nationale Verbände und Institutionen. Wer künftig mit diesen Pflanzen und ihrem Saatgut arbeiten will, muss Lizenzgebühren an die Konzerne zahlen.
Dabei spielt es laut Bericht keine Rolle, ob die patentierten Pflanzen überhaupt von den Konzernen selbst vermarktet werden. Gleichzeitig würden zahlreiche Patente Ansprüche auf eine einmal mit NGT erzielte Eigenschaft erheben, egal in welcher Nutzpflanze diese vorkommt und ob sie in dieser Pflanze durch NGT erreicht wurde oder womöglich natürlich vorkommt. „Die Saatgutkonzerne verwischen bewusst Unterschiede zwischen konventioneller Züchtung, zufälliger Mutagenese und Gentechnik“, kritisieren die Autorinnen des Berichts. Sie sehen darin einen Missbrauch des Patentrechts und fordern, die Schlupflöcher im europäischen Patentrecht, die einen solchen Missbrauch möglich machen, dringend zu schließen.
Denn durch solche weitgreifenden Patente würden Züchtende, Landwirte und andere an der Lebensmittelkette Beteiligte mit erheblicher Rechtsunsicherheit konfrontiert. „Da es keine leicht zugänglichen Informationen darüber gibt, was in den Patenten enthalten ist, kann es schwierig sein herauszufinden, welche Pflanzen patentiert sind“, heißt es in dem Bericht. Die Betroffenen wüssten nicht, was sie mit Pflanzen, mit denen sie täglich arbeiten, tun dürften, wofür Lizenzgebühren zu zahlen wären und was möglicherweise eine Klage nach sich ziehen könnte. Der Bericht erinnert an die Versuche der Bayer-Tochter Monsanto, Landwirte wegen angeblicher Patentverletzungen per Klage zur Kasse zu bitten.
Die Autorinnen des Berichts thematisieren auch die widersprüchliche politische Argumentation der Gentechnik-Konzerne: Neue gentechnisch manipulierte Pflanzen sollten von den Sicherheitskontrollen und Kennzeichnungsvorschriften der Europäischen Union für gentechnisch veränderte Lebensmittel ausgenommen werden, da sie mit natürlichen Pflanzen gleichzusetzen und die Eingriffe nicht nachweisbar seien. Gleichzeitig aber ließen sich die Konzerne NGT als technische Innovationen patentrechtlich absichern – was nur Sinn macht, wenn man eine Verletzung des Patents auch nachweisen kann. Das Fazit des Berichts: „Konzerne wie Corteva und Bayer wollen für ihre NGT-Pflanzen und ihr NGT-Saatgut vereinfachten Zugang zum EU-Markt erhalten und so eine größere Kontrolle über Bäuer:innen, Pflanzenzucht und das Ernährungssystem erlangen“. Verfasst haben den Bericht die Umweltorganisationen GLOBAL 2000, Friends of the Earth Europe, Arche Noah, die Lobbykontrolleure von Corporate Europe Observatory, sowie die IG Saatgut und die Arbeiterkammer Wien. [lf]