Möglicherweise dürfen bald die ersten Sojabohnen in die Europäische Union (EU) importiert werden, die gegen drei Pestizide zugleich resistent sind. Die EU-Mitgliedsstaaten fanden heute im zuständigen Ausschuss nicht die nötige Mehrheit für ein Verbot, teilte eine Kommissionssprecherin auf Anfrage mit. Jetzt muss die EU-Kommission selbst über die Zulassung entscheiden. Das gentechnikkritische Institut Testbiotech warnt, die gesundheitlichen Risiken dieser Soja-Gift-Kombinationen seien nicht ausreichend geprüft worden.
Es geht um zwei Sojasorten der Konzerne Bayer und DowDuPont (DDP). Sie wurden gentechnisch so verändert, dass sie nicht nur die Behandlung mit dem Unkrautvernichter Glyphosat überleben, sondern auch gegen Glufosinat und je ein weiteres Spritzmittel resistent sind. Hintergrund ist, dass viele Unkräuter Glyphosat-Spritzen inzwischen ebenfalls unbeschadet überstehen, selbst bei größeren Mengen des Pestizids.
Testbiotech wirft dem Bayer-Konzern nun vor, im Versuchsanbau nur rund ein Kilogramm Glyphosat pro Hektar eingesetzt zu haben. Unter Praxisbedingungen würden dagegen Mengen von bis zu vier oder sogar acht Kilogramm pro Hektar empfohlen. Außerdem seien die Pflanzen der Firma Dow AgroSciences (seit 1.9. DDP) gegen mehr Herbizidwirkstoffe resistent, als aus dem Prüfbericht der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA hervorgehe. Zu diesen weiteren Wirkstoffen gebe es aber keine Daten zur Risikobewertung.
Testbiotech verweist darauf, dass schon von den drei geprüften Wirkstoffen erhebliche Gesundheitsgefahren drohen: Sowohl Glyphosat als auch die enthaltenen Spritzmittel Isoxaflutol und 2,4-D stehen im Verdacht, Krebserkrankungen auszulösen. Trotz aller Risiken seien die neuen Sojasorten nicht in Fütterungsversuchen auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit getestet worden, kritisiert Christoph Then von Testbiotech.
Das Europaparlament hatte bereits gestern mehrheitlich Einspruch gegen die Zulassung einer weiteren Gentech-Sojasorte von DDP eingelegt, die gegen zwei Pestizide resistent ist. Ihren Antrag hatten die VertrerInnen des Umweltausschusses damit begründet, dass es keine Studien gebe, die Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier durch Gentech-Soja ausschlössen. Daher könne die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht abgeschlossen werden. Außerdem verwies der Antrag auf eine unabhängige wissenschaftliche Studie, die Bedenken wegen Risiken des Wirkstoffs 2,4-D bei der Embryonalentwicklung, für Geburtsschäden und endokrine Störungen aufwerfe. 2,4-D ist eines der beiden Pestizide, die die Soja DAS-68416-4 überlebt.
Nach Informationen von Testbiotech hat sich allerdings auch bei dieser Sojasorte keine Mehrheit unter den EU-Mitgliedsstaaten für ein Verbot gefunden. Daher muss auch hier nun die EU-Kommission entscheiden. Das Votum des EU-Parlaments ist rechtlich wirkungslos. Aktuell sind in der EU 13 gentechnisch veränderte Sojasorten für Lebens- und Futtermittel zugelassen. [vef]European Commission: Genetically Modified Food and Feed and Environmental Risk - Agendas and Summary Reportstestbiotech: Risikoprüfung von Gentechnik-Soja entpuppt sich als Fake (12.9.2017)Europäisches Parlament: Entschließungsantrag über die Zulassung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen, die gentechnisch veränderte Sojabohnen der Sorte DAS-68416-4 enthalten, aus ihnen bestehen oder aus ihnen gewonnen werden (6.9.2017)VoteWatch Europe: Abstimmungsergebnis des Europäischen Parlaments zur Soja DAS- 68416-4 (3.9.2017)Infodienst - EU: Mehrfach resistente Soja-Bohnen stehen vor der Zulassung (11.07.2017)Dossier: Soja