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Italien: Rebell gegen GVO-Verbot nervt Gerichte

Gericht Justiz Seit 2010 tat er es immer wieder: Giorgio Fidenato baute auf seinen Feldern in Norditalien Gentechnik-Mais an. Weil das verboten war (und ist), musste er Strafe zahlen und den Mais vernichten. Dagegen zog der heute 61jährige durch alle Gerichtsinstanzen. Jüngste Schlappe: Das zuständige Verwaltungsgericht entschied, dass das Anbauverbot für MON 810 in Italien rechtmäßig ist.
Giorgio Fidenato sieht seine Aktionen als „zivilen Ungehorsam“. Dass Italien den Anbau des Gentechnik-Maises im Wege der europäischen Opt-Out-Regelung auf seinem Territorium verbot, obwohl ihn die Gremien der Europäischen Union prinzipiell erlauben, bremse den Fortschritt und die Freiheit in der Landwirtschaft, monierte Fidenato. Um dagegen vor Gericht ziehen zu können, baute er dem Verbot zum Trotz auf seinen Feldern in der Provinz Udine mehrfach den insektengiftigen Mais der Bayer-Tochter Monsanto an und klagte dann gegen die behördlichen Vernichtungsbescheide.
Wie das italienische Portal „Il Gazzetino“ berichtete, war es im Juli 2021 wieder soweit. Begleitet von PR-Aktivitäten pflanzte Fidenato, der auch Präsident des für Gen-Saatgut eintretenden Verbandes „Agricoltori Federati“ ist, auf seinem Acker 16 Reihen Mon 810. Im Oktober gab ihm das italienische Agrarministerium per Bescheid auf, die Pflanzen zu zerkleinern und unterzupflügen. Als nichts geschah, hagelte es Anzeigen von anderen Bauern, die das Gütezeichen „Made in Italy“ in Gefahr sahen. Und Politikerinnen pochten auf die Errungenschaft des Opt-Out für Italien. Schließlich zerstörte die Forstverwaltung das Maisfeld.
Dagegen zog Fidenato im Dezember 2021 vor das zuständige regionale Verwaltungsgericht (TAR). Er beantragte, den Behördenbescheid für nichtig zu erklären, ihm den zerstörten Mais zu ersetzen sowie – als Voraussetzung all dessen – dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorzulegen, ob nicht die ganze Opt-Out-Richtlinie der Europäischen Union (EU) rechtswidrig ist. Denn wäre das der Fall, wäre auch das Anbauverbot in Italien Unrecht und damit die Anordnung, Fidenatos Mais zu vernichten. Das TAR Friaul-Julisch Venetien (FJV) hält jedoch alles für gültig und wies die Klage im Juli in vollem Umfang ab. Und die Richter scheinen inzwischen ziemlich genervt.
Sowohl das TAR FJV als auch der Staatsrat (in Italien oberstes Verwaltungsgericht) hätten das früher bereits ebenso entschieden, nachdem Fidenato schon 2018 widerrechtlich Gentechnik-Mais angebaut hatte, schrieben sie in ihrem Urteil. Der Kläger wiederhole nur seinen „grundlegenden Irrtum“, seine wirtschaftliche Freiheit als Unternehmer absolut zu setzen. Es sei eine „legitime Beschränkung“ der landwirtschaftlichen Tätigkeit, den Anbau von Gentechnik-Mais zu verbieten, soweit er potentiell umwelt- und gesundheitsgefährdend ist, habe bereits der Staatsrat ausgeführt. Das stehe auch im Einklang mit den Europäischen Verträgen, die, wie früher bereits erläutert, Primärgütern wie Gesundheit und Umwelt Vorrang einräumen. Dass der Kläger einfach apodiktisch behaupte, diese seien nicht gefährdet, überzeuge nicht.
Auch das Argument, ein Anbauverbot sei unverhältnismäßig, da es mildere Mittel zum Schutz der Allgemeinheit gebe, wiesen die Richter zurück. Fidenato habe weder ausgeführt, mit welchen agronomischen Techniken verhindert werden könnte, dass seine Gentechnikpflanzen konventionellen Maisanbau verunreinigen. Noch habe er dargelegt, dass er beim Anbau irgendwelche Schutzmaßnahmen ergriffen hätte. Einen Grund, das Verfahren dem EuGH vorzulegen, sahen die Richter nicht. Und was macht Giorgio Fidenato? Er will die Urteile der italienischen Justiz nicht akzeptieren. Die Richter hätten nicht unabhängig entschieden und respektierten nicht das europäische Recht, beklagte er sich gegenüber Il Gazzettino. Deshalb will er nun gegen die Richter vor Gericht ziehen und TAR wie Staatsrat auf zivilrechtliche Haftung verklagen. [vef]

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