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Nachweise für genomeditierten Raps und Gerste entwickelt

Labor GenomsquenzierungForschende von zwei deutschen Instituten haben Nachweisverfahren für eine Gersten- und eine Rapslinie entwickelt, die sie zuvor mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) verändert hatten. Wie, das ist im Abschlussbericht zur Machbarkeitsstudie zu „Nachweis- und Identifizierungsverfahren für genomeditierte Pflanzen“ nachzulesen, der im Juli veröffentlicht wurde. Die federführende Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hatte die Studie im April 2020 ausgeschrieben.

Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und das Institut für Phytopathologie der Christian-Albrechts-Universität (CAU) Kiel erhielten den Zuschlag und konnten im Januar 2021 loslegen. Forschungsobjekte waren eine vom IPK entwickelte virusresistente Gerstenlinie und eine pilzresistente Rapslinie aus dem Labor der CAU. In beiden Fällen hatten die Wissenschaftler:innen mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) nur einzelne Gene abgeschaltet. Für diese Veränderung suchten sie nun in der Machbarkeitsstudie nach Nachweismethoden. Sie konnten für beide Linien einen Test entwickeln, mit dem laut Abschlussbericht „auf verlässliche Weise sowohl 0,9 % als auch 0,1 % Mengenanteile der jeweiligen Mutante in Mischproben nachgewiesen werden“ konnten. Die Chancen, diese als ddPCR bezeichnete Nachweismethode „für diverse andere Mutationen zu etablieren, werden allgemein als recht gut eingeschätzt“, schrieben die Forschenden. Sie konnten auch für ein zweites Testverfahren, die Amplikon-Tiefensequenzierung, zeigen, dass damit „0,9 % und 0,1 % Mengenanteile der Gerstenmutante und der Rapsmutanten in Mischproben zuverlässig nachgewiesen werden können“.

Um sicher identifizieren zu können, ob die Veränderung mit NGT herbeigeführt wurde, suchten die Forschenden nach weiteren Mutationen im Erbgut der genomeditierten Linien. Sie sollten in der Nähe der induzierten Mutation liegen und in Vergleichslinien nicht vorhanden sein. Diese oft als Fußabdrücke oder Narben bezeichneten Abweichungen im Erbgut gelten als Möglichkeit, NGT-Eingriffe sicher identifizieren zu können. Mit den von ihnen verwendeten Methoden fanden die Forschenden in der NGT-Gerste bisher keine passenden Mutationen. Im NGT-Raps wurden sie fündig, hielten die Mutation aber nicht für brauchbar, um daraus einen Test zu entwickeln. Trotz dieser Einschränkung kam die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als Projektträgerin zu dem Schluss, die Arbeit bestätige „Hinweise auf einen analytischen Ansatz, der – in bestimmten Fällen – herangezogen werden könnte, um genomeditierte Linien als solche zu identifizieren, sie also von einer konventionellen Linie mit derselben Mutation zu unterscheiden“. Nach Einschätzung eines Experten mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Nachweisverfahren zeigt die BLE-Studie, dass der Nachweis und die Identifizierung von NGT-Pflanzen machbar ist. Eine Regulierung neuer gentechnischer Verfahren könne also nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass das zu schwierig oder gar unmöglich sei.

Allerdings zeigt die Studie auch, dass der jeweilige NGT-Eingriff, nach dem gesucht werden soll, genau bekannt sein muss. Um dies sicherzustellen, müssten Unternehmen, die NGT-Pflanzen vermarkten wollen, dazu verpflichtet werden, Erbgutinformationen und Referenzmaterial zur Verfügung zu stellen. Nach aktueller Rechtslage sind sie das nur dann, wenn sie in der EU eine Zulassung für ihre Pflanze beantragen. Anderenfalls ist es für die hiesigen Behörden schwer, entsprechende Tests zu entwickeln. Dies zeigte ein Aufsatz von Expert:innen von Bundes- und Länderbehörden. Sie schilderten darin ihre Bemühungen, für vier NGT-Pflanzen, die in einigen Staaten außerhalb der EU bereits vermarktet werden, Nachweis- und Identifizierungsverfahren zu erarbeiten. Entwickelt haben die Behördenmitarbeiter:innen einen Test, mit dem sich Reste von Crispr/Cas nachweisen lassen, die beim Eingriff versehentlich ins Erbgut der Pflanze integriert wurden. Das passiert nicht immer, auch können diese Reste durch vielen Kreuzungen wieder aus dem Erbgut entfernt werden. Schlägt der Test jedoch an, ist klar, dass mit NGT verändertes Erbgut vorliegt. Derzeit werde das Verfahren mit mehreren Laboren validiert, heißt es in der Arbeit.

Die Behörden-Expert:innen schrieben auch, es müsse in Betracht gezogen werden, wie wahrscheinlich es sei, dass eine durch NGT erzeugte Mutation auch zufällig passieren könne. Bei einer herbizidresistenten Pflanze wie dem NGT-Raps der US-Firma Cibus sei dies möglich, da der intensive Einsatz eines bestimmten Herbizids auch in der Natur zu Resistenzen führen könne. Dagegen sei es bei NGT-Eingriffen an spezifischen oder sogar mehreren Stellen im Erbgut unwahrscheinlich, dass eine natürliche Mutation von genau derselben Größe an derselben Stelle auftreten würde. Als Beispiele nennen die Autor:innen den Waxy-Mais des Konzerns Corteva und die Calyxt-Sojabohne mit verändertem Fettsäuremuster. Bei diesen NGT-Pflanzen würde also bereits der Nachweis des geänderten Erbguts ausreichen, um eine Verunreinigung festzustellen. [lf/vef]

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EFSA: Privilegierung von Gentech-Pflanzen nicht risikobasiert

EFSAAnfang des Jahres hatte die für Lebensmittelsicherheit zuständige französische Behörde Anses die Europäische Kommission massiv kritisiert: Die im Verordnungsentwurf vorgeschlagenen Kriterien, nach denen die meisten mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellten Pflanzen gleichwertig mit herkömmlich gezüchteten Pflanzen seien, wären wissenschaftlich nicht fundiert. Die Gentechnik-Expert:innen der EU-Lebensmittelbehörde EFSA wiesen diese Kritik vergangene Woche zurück. Doch in einem gaben sie der Anses Recht: Die Kriterien sagen nichts über das von einer NGT-Pflanze ausgehende Risiko.

„Diese Kriterien sind nicht dazu gedacht, Risikoniveaus zu definieren“, schrieben die Wissenschaftler:innen des EFSA GMO Panels gleich zweimal in ihrer Stellungnahme. Sie seien dazu da, dass bestimmte NGT-Pflanzen als gleichwertig mit konventionell gezüchteten Pflanzen eingestuft werden könnten. Das sehen die 19 Panelmitglieder aus europäischen Universitäten und Behörden als erfüllt an, weil in der Natur und bei herkömmlicher Züchtung oft mehr Mutationen stattfänden als der Entwurf als Obergrenze für die NGT-Kategorie 1 vorgibt. Dieser erlaubt Gentechniker:innen bei NGT 1-Pflanzen an bis zu 20 Stellen ins Erbgut einer Pflanze einzugreifen. Dazu dürfen sie kleine Erbgut-Bausteine, die Nukleotide, einfügen oder ersetzen. Sie können beliebig viele Gene an- oder abschalten sowie Genkonstrukte hinzufügen oder austauschen, die von verwandten Arten stammen.

Nach dem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission folgt aus der Gleichwertigkeit von NGT 1-Pflanzen allerdings, dass diese künftig nicht mehr auf Risiken geprüft werden müssen. Schließlich würden die Risiken herkömmlich gezüchteter Pflanzen auch nicht untersucht, argumentieren die EU-Behörden. Die Anses dagegen hebt hervor, dass die Kriterien angeblicher Gleichwertigkeit gar nicht auf mögliche Risiken der NGT-Pflanzen schließen ließen: Die Zahl genetischer Veränderung allein sage nichts darüber aus, wie diese sich auswirke, so die Anses. „Das EFSA GMO Panel stimmt diesem Kommentar zu und betont, dass dies auch für Mutationen gilt, die aus konventionell gezüchteten Pflanzen stammen“, heißt es in dem EFSA-Papier. Dem folgt jedoch die schon zitierte Klarstellung, dass die Kriterien nicht dazu gedacht seien, Risikoniveaus zu definieren. Salopp formuliert bedeutet die Antwort der EFSA: Kann sein, dass es bei NGT 1-Pflanzen Risiken gibt, aber die gibt es bei konventionell gezüchteten Pflanzen auch.

Nach Ansicht der Anses-Expert:innen gibt es jedoch keine wissenschaftliche Grundlage für diese Argumentation. Ohne auf die Begründung näher einzugehen, entgegnete die EFSA, bei der Gleichwertigkeit von NGT-Pflanzen auf die Anzahl der Genveränderungen abzustellen, sei „wissenschaftlich gerechtfertigt“. Es hätten sich bislang keine Hinweise darauf ergeben, dass diese Pflanzen größere Risiken bergen als herkömmlich gezüchtete Exemplare. Das Münchner Institut Testbiotech kritisiert, dass die EU-Behörden die Risikobewertung von NGT-Pflanzen damit von Kriterien abhängig machen wollen, die über die Risiken dieser Pflanzen gar nichts aussagen. Und die französische Umweltorganisation Pollinis ergänzt: „In ihrem Gutachten ignoriert die EFSA die von der ANSES vorgebrachten Argumente – die jedoch die Grundlagen dieses Verordnungsvorschlags in Frage stellen – und blendet die Risiken neuer GVO völlig aus.“

Nicht eingegangen sind die EFSA-Gutachter auch auf das Anses-Argument, dass es gentechnisch herbeigeführte Mutationen gebe, die trotz erfüllter Gleichwertigkeitskriterien mit konventioneller Züchtung kaum zu erzielen seien. Belegt hatte Anses dies am Beispiel der sogenannten GABA-Tomate. Japanische Forschende hatten in der Tomate einige Gene stillgelegt und damit erreicht, dass sie relevante Mengen eines blutdrucksenkenden Wirkstoffes produziert. Zuvor hätten sie 4588 Tomatenlinien untersucht, bei denen – wie in der konventionellen Zucht erlaubt – mit radioaktiver Strahlung oder Chemikalien Mutationen erzeugt worden waren. Die Gewünschte sei nicht dabei gewesen, erläuterte Anses. Trotzdem dürfte diese GABA-Tomate als NGT 1-Pflanze nach dem NGT-Verordnungsvorschlag der EU-Kommission ebenso wie die meisten künftigen NGT-Pflanzen in der EU vermarktet werden, ohne dass ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit überprüft würden.

Das aktuelle EFSA-Gutachten zur Anses-Stellungnahme vom November 2023 war im Februar 2024 vom Europäischen Parlament angefordert worden. Kurz darauf wurde ein zweiter, wesentlich umfangreicherer Anses-Bericht bekannt, der detaillierter auf die Verordnungspläne der EU-Kommission einging. Diesen hat die EFSA in ihr Gutachten nicht einbezogen. „Da beide eng zusammenhängen, hat die EFSA das eigentliche Ziel verfehlt, eine wissenschaftlich fundierte Analyse der Argumente von ANSES vorzulegen“, kritisiert Testbiotech. Dabei könnte eine Rolle spielen, dass die EU-Kommission sich im Wesentlichen auf Einschätzungen ebendieses, von der EFSA berufenen GMO Panels stützte, als sie ihren umstrittenen Verordnungsvorschlag erarbeitete. Das zeigt ein Kommissionsbericht vom Oktober 2023. Die Panel-Mitglieder müssten also ihre eigenen Papiere revidieren, würden sie den Einwänden der Anses-Kolleg:innen Recht geben. Die jetzt veröffentlichte Stellungnahme stammt noch von dem GMO Panel, das von 2018 bis Ende Juni 2024 amtierte und in diesem Zeitraum die wesentlichen Stellungnahmen der EFSA zu NGT-Pflanzen formuliert hat. Zum 1. Juli hat die Behörde ein neues 16-köpfiges Gremium zusammengestellt, in dem nur noch fünf der bisherigen Mitglieder vertreten sind. [lf/vef]

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Italien: Feldversuch mit Crispr-Reis zerstört

Zerstörter Crispr-Reis. Foto: Vittoria Brambilla/Università Statale di MilanoZum ersten Mal seit 20 Jahren waren im Mai in Italien gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen unter freiem Himmel gesetzt worden: Crispr-Reis im Feldversuch. Doch Ende Juni rissen Unbekannte einen Großteil der Setzlinge aus und zerstörten sie. Italiens Wissenschaftsgemeinde fordert einen besseren Schutz für solche Anbauversuche, von denen weitere mit Tomaten und Weinreben geplant sind. Die italienische Bauernorganisation ARI kritisierte, dass die behördlichen Auflagen für den Reisversuch nicht eingehalten wurden. Sie verlangt eine öffentliche Debatte über den Einzug der Gentechnik in die italienische Landwirtschaft.

In der Nacht auf den 21. Juni habe „eine Gruppe von Öko-Terroristen“ das experimentelle Reisfeld mit dem gv-Risottoreis RIS8imo zerstört, teilte die Universität Mailand tags darauf mit. Deren Wissenschaftler:innen Vittoria Brambilla und Fabio Fornara hatten den gv-Reis entwickelt, der gegen die Pilzkrankheit Reisbrand resistent sein soll. Dazu hatten sie mithilfe des neuen gentechnischen Verfahrens (NGT) Crispr/Cas9 drei Gene abgeschaltet, von denen angenommen wird, dass sie Reispflanzen gegenüber dem Reisbrandpilz Pyricularia oryzae anfälliger machen.
Das Versuchsareal war am 13. Mai auf einem Hof mitten im Reisanbaugebiet der Lombardei mit 200 Setzlingen auf 28 Quadratmetern angelegt worden. Umgeben war es von einem 400 Quadratmeter großen Reisfeld, das als Puffer dienen sollte, um Auskreuzungen zu verhindern. Gesichert war es lediglich mit einem Drahtzaun, der es vor Tieren schützen sollte. Die Videokamera zur Überwachung wurde laut Medienberichten von den Eindringlingen unbrauchbar gemacht. Anschließend schnitten sie die gv-Pflanzen vermutlich mit einer Sichel ab und rissen die Reste aus dem Boden, wie die Fachzeitschrift Science berichtete. Laut der Agentur Reuters seien zwei Drittel der Pflanzen zerstört und der Rest schwer geschädigt worden.
Die Forschenden hätten diese Pflanzen wieder eingesetzt, einige seien auch wieder angewachsen, doch eine wissenschaftlich solide Auswertung sei vermutlich nicht mehr möglich, zitierte Science die Forscherin Vittoria Brambilla. Diese will ihren Versuch im nächsten Jahr wiederholen, fordert aber gesetzliche Veränderungen, die es erlauben, den Anbauort geheim zu halten. Zudem müsste das Dekret verlängert werden, das Feldversuche mit NGT für 2024 genehmigt hatte. Entsprechende politische Bestrebungen gebe es bereits, berichtete Reuters.

Während in den italienischen Medien viel von Vandalen und obskuren Wissenschaftsfeinden die Rede ist und die Chancen der Gentechnik für eine nachhaltige Landwirtschaft betont werden, bezieht die Bauernvereinigung Associazione Rurale Italiana (ARI) eine andere Position: Es habe im Vorfeld des Versuchs „keine öffentliche Diskussion, keine Informationskampagne, keine ernsthafte Bewertung der Risiken für unser landwirtschaftliches System oder des potenziellen Image- und Wirtschaftsschadens für die italienische Qualitätslandwirtschaft“ gegeben, kritisierte die ARI.
Man habe den Standort nach der Anpflanzung besichtigt und mehrere Verstöße gegen die von der Umweltbehörde Ispra festgelegten Auflagen festgestellt. So konnte der Maschendrahtzaun nicht verhindern, dass kleine Tiere eindringen, und der vorgegebene Abstand zum nächstgelegenen herkömmlichen Reisanbau sei nicht eingehalten worden. Zwar sei die wissenschaftliche Forschung frei, aber auch sie müsse das Vorsorgeprinzip beachten und ihre Versuche sicher durchführen, schrieb ARI. Die Organisation verlangte eine öffentliche Debatte, ob gentechnisch veränderte Pflanzen in Italien zu Versuchs- und Anbauzwecken unumkehrbar eingeführt werden sollen.

Denn RIS8imo ist erst der Anfang. Im EU-Register der Feldversuche finden sich zwei weitere Einträge für Italien. Forschende der Universität Verona wollen auf zwei Weingütern für vier Jahre Chardonnay-Weinreben pflanzen, die sie gentechnisch widerstandsfähig gegen die Pilzkrankheit Falscher Mehltau gemacht haben wollen. Wissenschaftler:innen des staatlichen Forschungsinstituts CREA wollen Tomatenstauden testen, deren Wurzelausscheidungen sie gentechnisch angeblich so verändert haben, dass diese Beikräuter besser unterdrücken. Beide Versuche sind im italienischen Register für Feldversuche noch nicht eingetragen. Die Umweltorganisation Centro Internazionale Crocevia forderte die Umweltbehörde Ispra auf, alle Informationen über die beiden Versuche zu veröffentlichen und erwägt rechtliche Schritte, um die vorgeschriebene Transparenz einzufordern. [lf]

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