Glyphosat HerbizidDie Europäische Kommission wird den Unkrautvernichter Glyphosat bis 15.12.2023 zulassen. Das teilte eine Sprecherin dem Infodienst Gentechnik auf Anfrage mit. Die gültige Genehmigung, die am 15.12.2022 enden wird, werde rechtzeitig vorher verlängert. Die Kommission zeigte sich enttäuscht, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) heute wieder nicht mit der erforderlichen Mehrheit dafür gestimmt hatten, den zuständigen Behörden ein weiteres Jahr zur Prüfung des Herbizidwirkstoffs zu gewähren. „Die Kommission nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Neubewertung von Glyphosat durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erst im Juli 2023 vorliegen wird“, schrieb die Sprecherin. Es werde jedoch zusätzliche Zeit benötigt, damit die EFSA alle während der öffentlichen Konsultation vorgebrachten und bei den Antragstellern angeforderten Kommentare und Informationen vollständig prüfen und bei der abschließenden Sicherheitsbewertung berücksichtigen könne. In diesem Fall sei die EU-Kommission verpflichtet, die Zulassung des umstrittenen Totalherbizids befristet zu verlängern. Der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling hofft, dass die EFSA diese Zeit gut nutzen wird, um wirklich alle kritischen Punkte zu begutachten, etwa ob Glyphosat krebserregend ist und ob seine Umweltauswirkungen nicht weitaus größer sind als bisher gedacht. Wie die österreichische „Kleine Zeitung“ aus Teilnehmerkreisen erfuhr, stimmten die 27 EU-Mitgliedstaaten zwar mehrheitlich dafür, Glyphosat ein Jahr länger zuzulassen. Es fehlten aber „ein paar Zehntelprozent" für eine qualifizierte Mehrheit von 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Wie bei der Abstimmung vor vier Wochen habe sich Deutschland enthalten, bestätigte eine Sprecherin des Agrarministeriums dem Infodienst Gentechnik. Zusammen mit Frankreich, Slowenien, Kroatien, Luxemburg und Malta repräsentierten Enthaltungen und Gegenstimmen nach Berechnungen des Portals proplanta.de damals 35,27 % der EU-Bevölkerung. Wie die Mitgliedstaaten diesmal abstimmten, war nicht in Erfahrung zu bringen. Im Herbst 2023 werden sie dann entscheiden, ob Glyphosat auch längerfristig weiter eingesetzt werden darf. Der deutsche Agrarminister Cem Özdemir hat sich - wie berichtet - bereits festgelegt, dass hierzulande ab 2024 kein Glyphosat mehr versprüht werden darf und das auch gesetzlich schon so geregelt. Sein Ministerium prüft jedoch noch, wie er das auch in dem Fall durchsetzen kann, dass die EU den Spritzmittelwirkstoff über 2023 hinaus weiter zulässt. Sein österreichischer Amtskollege vertrat bislang die Ansicht, dass das Europarecht einen Alleingang des Alpenlandes beim Thema Glyphosat verhindert. Doch Özdemir will alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, das vereinbarte Verbot in Deutschland umzusetzen. Umwelt- und Verbraucherorganisationen geht das alles noch nicht schnell genug. „Warum ist Glyphosat eigentlich nicht schon längst verboten?“, fragte Foodwatch auf Twitter. Bei Sicherheitsbedenken müsse ein Spritzmittel nach dem europarechtlichen Vorsorgeprinzip schon vorbeugend aus dem Verkehr gezogen werden. Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz forderte: „Wir müssen raus aus Glyphosat und zwar schnellstmöglich.“ Der Chemiekonzern Bayer, Hersteller des glyphosathaltigen Kassenschlagers RoundUp, arbeitet nach einem Bericht des Handelsblattes unterdessen bereits an der nächsten Spritzmittelgeneration: Er kaufte ein Potsdamer Biotech-Start-up, das bis Ende des Jahrzehnts nach eigenen Angaben das erste komplett neue Herbizid im Ackerbau seit 30 Jahren auf den Markt bringen will – gegen glyphosatresistentes Unkraut. ]vef]