Ein amerikanisches Labor hat ein Verfahren entwickelt, mit dem genomeditierter Raps der US-Firma Cibus nachgewiesen werden kann. Damit liefern sechs Verbände und ein Einzelhandelsunternehmen aus vier Nationen weltweit erstmals den Beweis, dass auch Genveränderungen mit neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr-Cas nachweisbar sind. Sie widerlegen das Argument aus Politik und Industrie, neue Gentechnik könne nicht gesetzlich geregelt werden, da die Veränderung in den Pflanzen nicht von natürlicher Mutation unterscheidbar sei.
„Wir haben diesen Test entwickelt, weil die Behörden es versäumt haben“, sagt Alexander Hissting vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG). Nach diesem Muster ließen sich für „die meisten, wenn nicht für alle genomeditierten Pflanzen“ Nachweisverfahren entwickeln, ergänzte der wissenschaftliche Leiter des Projekts, John Fagan. „Damit gibt es kein technisches Hindernis mehr, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 vollständig umzusetzen“, heißt es in der Presseinformation. Der EuGH hatte entschieden, dass mit neuer Gentechnik veränderte Pflanzen nach Gentechnikrecht überprüft, zugelassen und gekennzeichnet werden müssen. Wie berichtet ist die Bundesregierung gerade erst dabei, dazu eine Machbarkeitsstudie dazu in Auftrag zu geben. Eine Studie der EU-Kommission soll 2021 erste Ergebnisse liefern.
Doch für den Handel, der eine große Nachfrage nach gentechnikfreien Lebensmitteln bedienen möchte, drängt die Zeit. Seit der Cibus-Raps „SU Canola“ in den USA und Kanada auf dem Markt ist, besteht die Gefahr, dass versehentlich Samen in Rapslieferungen nach Europa gelangen, wo er nicht zugelassen ist. Anders als andere gentechnisch veränderte Rapssorten, die auch in jüngster Vergangenheit auf deutschen Feldern gefunden wurden, konnte man den Canola-Raps bisher nicht identifizieren. Es bestand also die Gefahr, dass er unerkannt ins Tierfutter und damit in die Lebensmittelkette gelangt. Für die Zertifizierung von Lebensmitteln mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel ein echtes Problem, ebenso für die ökologische Lebensmittelwirtschaft.
Deshalb haben die beteiligten Organisationen das neue Testverfahren entwickelt und zur kostenfreien Nutzung veröffentlicht. Neben dem VLOG sind das Kennzeichnungsorganisationen in Österreich und den USA, die österreichische Einzelhandelsgruppe Spar, die Umweltorganisation Greenpeace, der Verband für biologische Lebensmittel und Landwirtschaft IFOAM Organics Europe, der neuseeländische Sustainability Council sowie das federführende Labor des gemeinnützigen amerikanischen Health Research Institute. Die Gruppe fordert die europäischen Regierungen auf, den Test unverzüglich bei ihren routinemäßigen Gentechnikkontrollen einzusetzen. Ferner solle die EU-Kommission das Europäische Netzwerk der GVO-Laboratorien (ENGL) unverzüglich damit beauftragen, auf diesen Erfolg aufzubauen und Screening-Methoden zur Identifizierung weiterer Pflanzen zu entwickeln, die mit den neuen Gentechnikverfahren verändert wurden. Schließlich sollte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einen Leitfaden für die Risikobewertung dieser gentechnisch veränderten Organismen entwickeln, der die spezifischen Verfahren und Techniken berücksichtigt, die zu ihrer Herstellung verwendet werden.
Das Labor baue für den Nachweis auf einer gängigen Methode auf (PCR= polymerase Kettenreaktion), die für die meisten Labore praktikabel sein dürfte, so Fagan. Ihre Validität und Zuverlässigkeit sei durch das GVO-Analyselabor des Umweltbundesamtes Österreich geprüft und bestätigt worden, hieß es. Der Nachweis wurde anhand von zwei der aktuell verfügbaren vier Canola-Sorten entwickelt. Fagan geht allerdings davon aus, dass er auch für die anderen beiden Sorten funktioniert. Er fordert die Firma Cibus auf, das Saatgut im Sinne von Transparenz und Rückverfolgbarkeit den EU-Lebensmittelbehörden zur Verfügung zu stellen.
SU Canola (Handelsname Falco) wurde nach Unternehmensangaben mit einem neuen gentechnischen Verfahren namens Rapid Trait Development, eine Form der Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese, gegen die Herbizide Sulfonylharnstoff und Imidazolinon resistent gemacht. Der Raps wird seit 2014 in den USA und seit 2018 in Kanada angebaut. Kanada hat sich nach Angaben des Branchenverbandes UFOP nach der Ukraine zum zweitwichtigsten Rapslieferanten für Deutschland und Europa entwickelt. Im Wirtschaftsjahr 2019/20 importierte die EU demnach 1,8 Millionen Tonnen kanadischen Raps. Davon gingen rund 370.000 Tonnen nach Deutschland. Ob damit auch Samen des nicht zugelassenen SU Canola nach Europa gelangten, ist nicht bekannt. Wie die Aktionsgruppe um VLOG und Arge gentechnikfrei mitteilte, habe das Unternehmen Cibus die EU-Kommission aber bereits im Jahr 2015 gewarnt, dass Cibus-Produkte „wahrscheinlich in die internationale Warenkette gelangen“ und damit möglicherweise auch nach Europa kommen werden. [vef]Foods: A Real-Time Quantitative PCR Method Specific for Detection and Quantification of the First Commercialized Genome-Edited Plant (7.9.2020)Unternehmenswebseite zu Falco™ CanolaUFOP: Grafiken der Woche 2020 - Rapsimporte der EU-28 auf Rekordhöhe (KW 28 2020)UFOP: Grafik der Woche (KW 36 2020)
Ukraine lieferte den meisten Raps