Die US-Lebensmittelbehörde FDA will genom-editierte Tiere und deren Produkte vor der Vermarktung einer ausführlichen Risikobewertung unterziehen. Sie untermauert ihre Forderung mit einer eigenen Studie über unerwartete Nebenffekte bei genom-editierten Rindern. Gleichzeitig versucht die Behörde, die Diskussion auf Tiere zu begrenzen und gentechnisch veränderte Pflanzen außen vor zu lassen.
In ihrer Stellungnahme betont die FDA zuerst die „bahnbrechenden“ Möglichkeiten, die durch die neuen gentechnischen Verfahren in der Tierzucht eröffnet würden. Gleichzeitig sei es jedoch auch „von größter Bedeutung“, auf dem Weg nach vorn die Sicherheitsstandards aufrechterhalten. „Wir wollen sicherstellen, dass die bei Tieren vorgenommenen gentechnischen Veränderungen für das Tier sicher sind, für Menschen sicher sind, die tierische Lebensmittel essen, und dass die Veränderung das bewirkt, was sie bewirken soll“, definiert die FDA ihren Auftrag. Sie wolle diesen Bereich „in einer Weise überwachen, die Innovation fördert, das Vertrauen der Verbraucher stärkt und die öffentliche Gesundheit schützt.“
Ihr Statement für eine strikte Risikoabschätzung begründet die FDA mit einer eigenen Studie. Ihre Experten fanden im Erbgut von Bullen, die mit Hilfe der Gen-Schere TALEN künftig Hornlosigkeit vererben sollten, Genmaterial von gentechnisch veränderten Bakterien. Diese wurden im Prozess der Genveränderung bei den Rindern als Hilfsmittel eingesetzt. Die FDA-Experten gehen davon aus, dass derartige unerwünschte Veränderungen im Erbgut häufiger passieren und bisher übersehen wurden.
Die Studie wurde als Vorabdruck bereits letzten Sommer bekannt; nun erschien sie offiziell im Fachmagazin Nature Biotechnology. In einem Kommentar ging der oberste Tiermediziner der FDA darauf ein, dass dieser Eingriff ins Erbgut der Bullen von einigen Politikern und Wissenschaftlern als Nachbau einer natürlichen Mutation gesehen wurde, die kein regulatorisches Problem darstelle. „Die Analyse zeigt, dass die Genombearbeitung bei Tieren unbeabsichtigte Folgen haben kann und dass die Regulierungsbehörden auf die Möglichkeit solcher Folgen achten müssen“, zitierte GMWatch aus dem Kommentar des FDA-Experten. Dieser habe auch betont, dass sich das FDA-Statement nur auf gentechnische Veränderungen in Tieren beziehe, nicht auf Pflanzen oder andere Organismen.
In Wirklichkeit seien unbeabsichtigte Auswirkungen bei gen-editierten Pflanzen mindestens ebenso wahrscheinlich wie bei Tieren und könnten zudem die Öffentlichkeit gefährden, hielt GMWatch dem entgegen. Denn Pflanzen könnten durch unbeabsichtigte Effekte der Gentechnik leicht toxisch oder allergieauslösend werden. Doch womöglich wollte der Veterinär sein Vorhaben einer strengeren Regulierung bei Tieren nicht dadurch gefährden, dass er sich mit der Gentechnik-Lobby anlege, vermutet GMWatch und verwies auf das Editorial von Nature Biotechnology. Darin forderte die Zeitschrift das FDA auf, seine kritische Haltung zu korrigieren. Sie widerspreche mit ihrem am Vorsorgeprinzip orientierten Vorgehen der bisherigen Genehmigungspolitk des US-Landwirtschaftsministeriums. [lf]FDA Statement: FDA Expertise Advancing the Understanding of Intentional Genomic Alterations in Animals (07.02.2020)Die FDA-Studie als Preprint: Norris et al: Template plasmid integration in germline genome-edited cattle (28.07.2019)GMWatch: Gene-edited animals must be regulated to protect public health – US FDA (10.02.2020)Nature Biotechnology, Editorial: Course correction (07.02.2020)Testbiotech: Hornlose Gentechnik-Rinder: Fehler im Erbgut übersehen (06.08.2019)Infodienst: USA: Gentechnik-Zulassungen sollen noch einfacher werden (20.06.2019)