In Österreich kann das vom Parlament Anfang Juli 2019 beschlossene Glyphosatverbot zum Jahresbeginn 2020 in Kraft treten. Die EU-Kommission hat gegen das Gesetz keine Einwände erhoben. Doch die zuständigen Ministerien in Wien bremsen und Bayer lässt offen, ob es gegen das Verbot klagen wird.
Österreich hatte als erstes EU-Land den Einsatz glyphosathaltiger Herbizide verboten. Im Parlament stimmten alle Parteien außer der konservativen ÖVP für die Gesetzesänderung. Allerdings war der nationale Alleingang rechtlich umstritten, da die EU den Wirkstoff noch bis Ende 2022 erlaubt. Mit Spannung war deshalb erwartet worden, ob die EU-Kommission das dreimonatige Notifizierungsverfahren nutzen würde, um ein Veto einzulegen. Die Frist dafür lief am 29. November ab. Die Kommission schickte der österreichischen Regierung allerdings nicht die von Landwirtschaftsverbänden und dem Hersteller Bayer erwartete „ausführliche Stellungnahme“ mit ihrem Nein. Sie versandte lediglich eine Mitteilung, in der sie anmerkte, dass für das Notifizierungsverfahren üblicherweise Gesetzentwürfe eingereicht werden und keine bereits beschlossenen Gesetze. Das österreichische Landwirtschaftsministerium leitete daraus die Gefahr eines EU-Verfahrens wegen Vertragsverletzung her. Rechtsunsicherheiten könnten daher für Österreich „nicht ausgeschlossen werden“, zitierte agrarheute.com die Behörde. Das Umweltministerium wies in der Wiener Zeitung auf mögliche Klagen von Landwirten hin, die Glyphosat nicht länger verwenden dürfen und Schadensersatz verlangen könnten.
„Weder die Europäische Kommission noch andere Mitgliedstaaten haben einen rechtlich bindenden Einspruch gegen das Verbot erhoben“, schreibt Greenpeace Österreich. Die Kommission und Italien hätten lediglich den österreichischen Vorstoß kommentiert, „was jedoch rechtlich keinen weiteren Aufschub für das Verbot begründet“. Als Beleg verweist Greenpeace auf ein Gutachten des Wiener Rechtsprofessors Daniel Ennöckl. Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich, jubelte daher ohne Einschränkung: „Das Aus von Glyphosat in Österreich ist ein historischer Meilenstein für den Schutz unserer Gesundheit und für den Erhalt der Artenvielfalt in unserem Land. Österreich wird damit zu einem Vorreiter mit Signalwirkung für ganz Europa.” Er gab sich sicher, dass andere Länder wie Frankreich und Deutschland bald folgen würden. „Herkunftsland Österreich“ werde fortan in ganz Europa für Freiheit von Glyphosat stehen, freute sich die österreichische Umweltorganisation Global 2000 und mahnte: „Nun ist es wichtig, dass unsere Bäuerinnen und Bauern jene Unterstützung erhalten, die ihnen den Umstieg auf eine glyphosatfreie Produktionsweise erleichtert.“
Der Glyphosathersteller Bayer hatte bereits im Juli juristische Schritte angekündigt, sollte die Kommission das österreichische Gesetz nicht einkassieren. Im September allerdings änderte der Konzern seine Strategie und ließ durchblicken, dass er nicht gegen nationale Verbote vorgehen werde, falls die EU die Zulassung für Glyphosat weiter verlängere. Auf Anfrage antwortete das Unternehmen: „Wir werden die Situation nun nach Abschluss des Notifizierungsverfahrens auf EU-Ebene im Detail prüfen und unsere Optionen bewerten.“ [lf]EU-Kommission: Notifizierungsangaben zum österreichischen Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird.Nationales Glyphosat-Verbot: Kein Veto der EU gegen Österreich (03.12.2019)Wiener Zeitung: Glyphosatverbot könnte mit Jänner in Kraft treten (02.12.2019)Greenpeace: Österreichisches Glyphosat-Verbot tritt mit 1.1.2020 in Kraft (02.12.2019)Global 2000: Grünes Licht für Glyphosatverbot (03.12.2019)Infodienst: Österreich beschließt komplettes Glyphosatverbot (02.07.2019)Infodienst: Bundesregierung verschiebt Glyphosatausstieg auf Ende 2023 (06.09.2019)