Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat untersucht, wie Verbraucher zu den als Genome Editing bezeichneten neuen gentechnischen Verfahren stehen. Das wichtigste Ergebnis: Sie fordern, dass die Verfahren strikt reguliert und damit hergestellte Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen.
Für seine Studie hat das BfR eineinhalbstündige Gruppendiskussionen mit 39 Teilnehmenden geführt. Wegen der geringen Anzahl sind die Ergebnisse nicht repräsentativ. Doch sie ermöglichen „einen Einblick in konkrete Sichtweisen, Einstellungen und gegebenenfalls Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern“, schreibt das BfR.
Aus Sicht der Teilnehmenden sind die Verfahren des Genome Editing eindeutig eine Form der herkömmlichen Gentechnik und diese wird in den Diskussionen klar abgelehnt. „Derartige Verfahren gelten als überflüssig und es wird kein Nutzen darin gesehen“, fasst die Studie die Diskussionsbeiträge zusammen. Wie die herkömmliche Gentechnik soll nach dem Willen der Teilnehmenden auch das Genome Editing streng reguliert werden. „Die wichtigste Anforderung an regulierende Instanzen ist deren Unabhängigkeit von der Industrie oder anderen finanziellen sowie politischen Interessen“, heißt es in der Studie. An anderer Stelle werden die Haltungen der Verbraucher so zusammengefasst: „Es herrscht große Skepsis hinsichtlich der möglichen Profiteure des neuen Verfahrens. Als Hintergrund werden aufseiten von Großkonzernen und Pharmaindustrie primär finanzielle Motive vermutet.“
Zur Kennzeichnung lautet das Fazit der Beiträge: „Lebensmittel, die mit Genome Editing erzeugt wurden, sollen aus Sicht der Teilnehmenden gekennzeichnet sein, da Transparenz die Vorrausetzung für eine informierte Entscheidung ist.“ Das BfR thematisierte auch, dass Lebensmittel, die mit Genome Editing erzeugt wurden, nicht als gentechnisch verändert gelten sollen, wenn ausschließlich Punktmutationen vorgenommen wurden, die auch durch herkömmliche Züchtungsmethoden hätten erzeugt werden können. Diese Sichtweise lehnten die Diskussionsteilnehmer einheitlich ab und werteten sie als „potenzielle Verschleierung des Herstellungsprozesses“. Ebenfalls negativ waren die Kommentare zu der Idee, Genome Editing in ärmeren Ländern einzusetzen, um den Hunger zu bekämpfen. Hier befürchteten die Diskutanten unabsehbare Folgen für Bauern und Böden.
Im medizinischen Bereich ergaben die Gruppendiskussionen, dass der Einsatz von Genome Editing für die Mehrheit der Befragten akzeptabel ist – insbesondere dann, wenn sie selbst von einer Krankheit betroffen sind. „Wenn die Weitergabe von Erbkrankheiten verhindert oder eine sonst tödliche Erkrankung aufgehalten werden kann, würden viele Genome Editing gutheißen“, steht als Fazit in der Studie.
Da vor Beginn der Diskussion nur wenige Teilnehmende mit dem Begriff Genome Editing etwas anzufangen wussten, empfiehlt das BfR eine breit angelegte Aufklärungskampagne mit einer eigenen Themenwebseite: „Es besteht die Chance, über eine massenmediale Informationskampagne das Thema erstmalig zu positionieren.“ Fokussieren sollte sich die Kommunikation „auf den möglichen individuellen Nutzen als auch auf mögliche Risiken die mit dem Einsatz des Genome Editings verbunden sind.“ Die Kommunikation von öffentlicher Seite solle „die Bedenken der Bevölkerung ernst nehmen, um glaubwürdig zu wirken.“Bundesinstitut für Risikobewertung - Risikowahrnehmung von Genome Editing: Vorbehalte und großes Informationsbedürfnis vorhanden (24.10.2017)Bundesinstitut für Risikobewertung: Durchführung von Fokusgruppen zur Wahrnehmung des Genome Editings (CRISPR/Cas9), Abschlussbericht (Oktober 2017)Neuartige Gentechniken (CRISPR, OgM, etc.)Unterschriften-Aktion: Neue Gentechnik-Verfahren regulieren!