Wissenschaftler der Eidgenösssichen Technischen Hochschule (ETH) Zürich haben eine gentechnisch veränderte Reissorte vorgestellt, die in ihren Körnern sowohl Beta-Carotin als Vorstufe von Vitamin A erzeugt als auch die Spurenelemente Eisen und Zink anreichert. Damit ließe sich der „versteckte Hunger“ in Entwicklungsländern wirkungsvoll eindämmen, heißt es in der Mitteilung der Hochschule.
Das hieß es bereits vor 20 Jahren, als ETH-Wissenschaftler erstmals eine Reissorte entwickelten, die Beta-Carotin bildete. Im Jahr 1999 wurde dieser ‚Golden Rice' öffentlich präsentiert, mit dem Versprechen, damit den Vitamin A –Mangel in Entwicklungsländern wirkungsvoll zu bekämpfen. Bis heute wird der Golden Rice nicht kommerziell angebaut. Das internationale Reisforschungsinstitut IRRI auf den Philippinen hat in den letzten Jahren versucht nachzuweisen, dass der Gentech-Reis für den Verzehr geeignet ist. In diesem Jahr hat es nun erstmals Zulassungsanträge gestellt, unter anderem in den USA und auf den Philippinen.
Die ETH hatte nach dem Golden Rice 2009 einen Gentech-Reis präsentiert, dessen Eisengehalt im geschälten Korn um das Sechsfache erhöht war. „Ziel der Wissenschaftler ist es nun, noch eisenhaltigere Reiskörner herzustellen - und den Reis später Kleinbauern und Selbstversorgern kostenlos zur Verfügung zu stellen“, zitierte damals die Neue Züricher Zeitung (NZZ). Von einem Anbau der Reissorte ist nichts bekannt.
Nun also haben die ETH-Wissenschaftler einen Multinährstoff-Reis vorgestellt. Bisher wurden die Pflanzen erst im Gewächshaus angebaut und auf ihren Nährstoffgehalt untersucht. Es sei geplant, ausgewählte Linien unter kontrollierten Bedingungen im Freiland zu testen, schreibt die Hochschule. Dabei soll sich zeigen, „ob die gewünschten und auch die agronomischen Eigenschaften erhalten bleiben und genauso gut funktionieren wie im Gewächshaus.“ Gegenüber der NZZ machte die ETH genauere Angaben. Freigesetzt werde der Reis „voraussichtlich nächstes Jahr“ Es würden aber sicher noch fünf Jahre vergehen, „ehe der Multinährstoff-Reis zur Eindämmung des versteckten Hungers eingesetzt werden kann“.
Maßnahmen gegen Armut und für eine ausgewogene Ernährung würden Mangelkrankheiten schneller beenden, argumentieren Entwicklungsorganisationen immer wieder. Umweltschützer weisen zudem auf die Risiken hin, dass sich das genmanipulierte Erbgut in andere Reissorten und wilde Reispflanzen einkreuzen könnte – mit ungeahnten Folgen. Dirk Zimmermann, Landwirtschafts-Experte von Greenpeace brachte es in Hinblick auf den Golden Rice auf folgenden Nenner: „Besagter Reis ist weiterhin nur ein Forschungsprojekt mit gut geölter PR-Maschinerie.“
Ebenfalls seit Jahren wird als Mittel gegen Vitamin A – Mangel den Medien eine gentechnisch veränderte Banane aufgetischt. Entwickelt haben sie Wissenschaftler der Technischen Universität Queensland in Australien, finanziell unterstützt von der Bill-&-Melinda-Gates Stiftung. Millionen von Leben soll die Golden Banana retten, versprechen deren Befürworter. In Uganda würden erste Tests laufen und 2021 könnten Bauern die Gentech-Banane offiziell anbauen. Doch gegen diese Pläne gibt es Widerstand.
„Genmanipulierte Nutzpflanzen werden als die Lösung der afrikanischen Landwirtschaft gesehen, aber das Gegenteil ist der Fall“, zitiert die Aargauer Zeitung Sabrina Masinjila vom Afrikanischen Zentrum für Biodiversität in Tansania. Die Gentech-Bananen würden eine uniforme, industrielle Art der Landwirtschaft verkörpern und Monokultur fördern, die wiederum die Ausbreitung von Krankheiten und Ungeziefer unterstütze. „Eine breite Auswahl an Nutzpflanzen, darunter Obstsorten und Gemüse, sind die wirklichen Lösungen für die Nahrungsmängel“, sagt die Afrikanerin.ETH Zürich: Versteckten Hunger bekämpfen (08.08.2017)IRRI: The Golden Rice ProjectNZZ: Ein Korn, das es in sich hat (20.7.2009)NZZ: Multinährstoff-Reis gegen Mangelernährung (8.8.2017)Aargauer Zeitung: Bill Gates und seine Gen-Bananen als Lebensretter von hunderttausenden Kindern? (13.07.2017)Infodienst: Greenpeace zu Nobelpreisträgern: „Golden Rice ist ein PR-Instrument“ (04.07.2016)Infodienst: Studentenprotest gegen Gentech-Bananen (09.03.2016)Infodienst Gentechnik Dossier: Hunger und Gentechnik