Im Kampf gegen Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere hat die internationale Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ einen Erfolg erzielt: In einer lange erwarteten Stellungnahme erklärte die Europäische Kommission kürzlich, dass sie solche Pflanzen und Tiere nicht für patentierbar hält. Damit widerspricht sie der bisherigen Praxis des Europäischen Patentamts (EPA). Die Koalition fordert jetzt die beteiligten Regierungen auf, diese Entscheidungspraxis des EPA abzustellen.
Nach dem Europäischen Patentübereinkommen, das der Arbeit des EPA zugrunde liegt, sind Organismen nicht patentierbar, die durch „im wesentlichen biologische Verfahren“ entstanden sind. Für die EU-Kommission fällt darunter die konventionelle Züchtung, für das EPA dagegen nicht. Da das EPA in München aber keine Institution der Europäischen Union (EU) ist, unterliegt es keiner demokratischen oder gerichtlichen Kontrolle. Einfluss nehmen können allerdings die Länderregierungen, die im Verwaltungsrat des EPA sitzen, darunter die Bundesrepublik.
„Daher ist es jetzt Aufgabe der europäischen Regierungen, das EPA einer wirksamen politischen Kontrolle zu unterwerfen“, sagte Christoph Then, Koordinator von „Keine Patente auf Saatgut“. Die Regierungen müssten dafür sorgen, dass die Stellungnahme der EU-Kommission in rechtlich bindende Regeln umgesetzt werde. Nach Angaben des Bündnisses lehnen unter anderem Deutschland, die Niederlande, Österreich und Frankreich derartige Patente ab. Ende November soll das Thema im Wettbewerbsrat der EU beraten werden.
„Das EPA hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, diese Patente zu erteilen“, kritisierte Iga Niznik von Arche Noah Österreich, einer der Trägerorganisationen von „Keine Patente auf Saatgut!“. Das Bündnis fürchtet vor allem, dass Saatgut und Lebensmittel zunehmend monopolisiert werden könnten. Das EPA hat bislang mehr als 100 konventionelle Züchtungen patentiert, darunter auch Tomaten und Brokkoli.
Nichtregierungsorganisationen hatten dem Verwaltungsrat des EPA bereits im Juni mehr als 800.000 Unterschriften dagegen überreicht. Der Verwaltungsrat besteht aus den Repräsentanten der 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens, von denen einige nicht gleichzeitig EU-Mitglied sind. Er soll über die korrekte Auslegung der Patentgesetze wachen. [vef]Presseinfo "No patents on seeds": EU-Kommission hält Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung für nicht patentierbar (3.11.2016)Mitteilung der Europäischen Kommission über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (8.11.2016)BÖLW-Kommentar in Schrot und Korn: Patente auf Leben wirksam verhindern (7.11.2016)Hunderttausende Unterschriften gegen Bio-Patente (30.6.2016)Dossier: Patente in der LandwirtschaftPetition und FAQ: Keine Patente auf Pflanzen und Tiere