UPDATE +++ Der Fall des gentechnisch verunreinigten Mais-Saatguts „Sweet Wonder“ hat eine erheblich größere Dimension als bisher angenommen: Von der betroffenen Charge eines amerikanischen Züchters wurden rund 13 Millionen Samen in insgesamt sieben europäische Länder verkauft. Diesen Stand der Ermittlungen teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf Anfrage mit. Kontrolleure in Ungarn hätten in diesem Zuckermais etwa 0,1 Prozent der gentechnisch veränderten Maisevents MON88017 und MON89034 der Bayer-Tochter Monsanto nachgewiesen.
Wie bereits berichtet, hat ein niedersächsischer Saatguthändler den Zuckermais des US-amerikanischen Saatgutherstellers Illinois Foundation Seeds Inc. importiert und weiterverkauft. Zunächst war neben Ungarn, wo Kontrolleure die Verunreinigung entdeckten, nur über vier Abnehmer in drei deutschen Bundesländern informiert worden, die rund 820.000 Maissamen gekauft hatten. Wie das BVL auf Anfrage des Informationsdienst Gentechnik mitteilte, lieferte die niedersächsische Firma Agri-Saaten Mais aus der verunreinigten Charge nach aktuellem Erkenntnisstand ferner nach Belgien, Frankreich, Litauen, Polen, Portugal und Spanien sowie nach Russland. Die Ermittlungen dort liefen jedoch erst an. Daher könne man noch nicht sagen, ob in diesen Ländern bereits Samen des verunreinigten Zuckermais und damit höchstwahrscheinlich auch Gentech-Mais gepflanzt wurden. Der Anbau der beiden gentechnisch veränderten Maisevents ist in Europa nicht erlaubt. Als Lebens- und Futtermittel dürfen sie aber seit rund zehn Jahren importiert werden.
Auch innerhalb Deutschlands sei die Recherche der Behörden noch nicht abgeschlossen, so das BVL. Bislang wurde in Baden-Württemberg ein Bauer gefunden, der rund 2000 Körner des verunreinigten „Sweet Wonder“-Maises bereits gesät hatte. Er musste die Maispflanzen vernichten und darf auf dem Acker in diesem Jahr keinen Mais mehr anbauen. Auch in Nordrhein-Westfalen sei der verunreinigte Mais bei Detmold auf einer Fläche von 500 Quadratmetern ausgesät worden, teilte das dortige Umweltministerium mit. Diese Jungpflanzen müssen jetzt ebenfalls vernichtet werden.
Es bleibt zu hoffen, dass die blitzschnelle Reaktion der Behörden Schlimmeres verhindert hat: Nach eigenen Angaben hatte das BVL am 20. Mai von den ungarischen Behörden erfahren, dass dort in dem Zuckermaissaatgut aus Niedersachsen gentechnisch veränderte Samen gefunden worden waren. Neben den Events MON88017 und MON89034 wurde auch eine Kreuzung beider Events (MON88017 x MON89034) entdeckt. Noch am selben Tag informierte das BVL das niedersächsische Umweltministerium, das über sein Gewerbeaufsichtsamt sofort den Handel mit dem Saatgut stoppte. Anhand einer Liste der Abnehmer wurden betroffene Bundesländer informiert. Bei den regelmäßigen stichprobenartigen Kontrollen in allen deutschen Bundesländern war der verunreinigte Zuckermais offenbar durchgerutscht. Und der Händler sei, so das BVL, nach dem Gentechnikgesetz nicht verpflichtet, seine Ware zu kontrollieren. [vef]
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